Bereits im Sommer 2020 gab es am Lerchenplätze erste Kinonächte. Foto: Katrin Scherer

Von Mittwoch an gibt es auf dem Platz vor dem Arbeitsgericht Lesungen, Filme und Konzerte. Das Café Raupe Immersatt lädt zum bewussten Genuss ein.

S-West - Die Raupe Immersatt krabbelt ins Freie. Im Schatten der Bäume auf dem kleinen Platz vor dem Arbeitsgericht im Stuttgarter Westen lädt sie von Mittwoch, 4. August, an fünf Tage lang zu Open-Air-Kino, Lesungen, Konzert und Geselligkeit ein. Kleinere Veranstaltungen gab es früher schon auf der schmalen Bühne im Café des Foodsharing-Vereins am Hölderlinplatz und im vergangenen Jahr sogar drei Tage Kino im Freien. „Der Corona-Stillstand hatte uns alle eingeschüchtert“, erzählt Katrin Scherer vom Vorstand der Raupe Immersatt. „Doch dann kamen der Mut und die Freude zurück und wir wollen das mit vielen Menschen teilen an unserem Festival.“

Handverlesene Bands

Tagsüber werden von 11 bis 17 Uhr Trickfilme vom Internationalen Trickfilmfestival gezeigt. Am Samstag um 13 Uhr sind dann die Lesepaten vom Verein Leseohren zu Gast, um mit Kindern gemeinsam Geschichten zu lesen. Am Samstag ist von 11 bis 14 Uhr Pflanzentausch und um 14.30 Uhr beginnt die Doodle-Session 1000 Drawings Stuttgart. Künstler und Laien malen, zeichnen oder kleben in einem Workshop Bilder im DIN A5-Format.

An den Abenden gibt es Filme und Musik. Die Bands sind laut Katrin Scherer handverlesen: „Ich bin kein Profi, habe einfach recherchiert“ und nette Telefonate geführt. „Jamhed aus Esslingen haben sich total gefreut als ich angerufen habe! Die hatten seit letztem Jahr keinen Auftritt mehr.“ Sie spielen am Samstag ab 19 Uhr Psych Rock und Alternative. Ebenfalls von hier und von Scherer selbst gefischt: die Elektro-Musiker von Lear, die am Sonntag um 19 Uhr auftreten. Das Lukas Wögler Quartett hingegen war der Tipp eines Stammgastes im Raupe-Café. Sie jazzen bereits am Freitag von 19 Uhr an.

Nachdenklich stimmende Filme

Die Filme, die von 22 Uhr an gezeigt werden, „sind keine klassischen Hollywoodkomödien, sondern befassen sich mit Themen, die uns hier im Verein auch umtreiben“, sagt Scherer. Darunter finden sich Filme wie „Skin“ von Guy Nattiv, die Geschichte eines Mitglieds der rechtsextremen Bewegung, „Die Jagd“ von Thomas Vinterberg über die Vernichtung eines Mannes, der fälschlicherweise der Pädophilie verdächtigt wird, oder das Sozialdrama „Systemsprenger“, das von einer Neunjährigen erzählt, die sich gegen ein aufgezwungenes Dasein zwischen Pflegefamilien, Heimen und Psychiatrien auflehnt. Zum Auftakt des Festivals am Mittwoch gibt es um 19 Uhr den Film „Borga“ von York-Fabian Raabe zu sehen, auch ein Stammgast-Tipp: Eine der Mitwirkenden hatte Scherer davon erzählt. Der Film schildert, wie der aus Ghana Geflüchtete Kojo die neue fremde deutsche Welt erlebt.

Dass die Bewirtung während des Festivals nachhaltig und regional ist, versteht sich von selbst: Es gibt übrige Backwaren sowie Snacks, Eis und Getränke von umliegenden Unternehmen.

Katrin Scherer freut sich über die vielen neuen Kontakte, die sich durch die Festivalplanung ergeben haben und über die breite Unterstützung durch Unternehmen im Quartier, durch den Bezirk, die Vereine, das Popbüro oder das Literaturhaus. „Durch die Kooperationen erreichen wir auch neue Gruppen.“ Mit dem Festival nehmen die abstrakt klingenden gesellschaftspolitischen Ideen der Raupe Immersatt von Nachhaltigkeit und sozialer Vernetzung eine greifbare, sinnlich erfahrbare Gestalt an. „Damit kommt in dieser komischen Zeit wieder mehr Lebendigkeit in das Viertel und wir zeigen, dass wir nicht den Mut verlieren.“

Tickets & Termine online unter: https://www.raupeimmersatt.de/aktuelles

Foodsharing-Café Raupe Immersatt

Café
Im Frühjahr 2019 eröffnete eine Hand voll junger Leute aus Stuttgart in der Johannesstraße 97 mit Hilfe von Crowdfunding das Foodsharing-Café Raupe Immersatt. Sie schafften dort am Hölderlinplatz einen Raum, ungezwungener und gemütlichem, der unterschiedlichsten Gäste zum Austausch dienen soll. Angeboten werden kostenlose gerettete Lebensmittel, Getränke zum selbst bestimmten Preis und ein buntes Programm mit Bildungsveranstaltungen, Konzerten und Kunst.

Idee
Die Lebensmittelretter zeigen mit dem Finger auf die Paradoxien des Wohlstandes: Täglich hungern Menschen und zugleich trägt eine übermäßige Lebensmittelproduktion erheblich zum Klimawandel bei. Darüber hinaus landen zahlreich unverdorbene Lebensmittel im Müll. Die Raupe Immersatt rettet nicht nur Lebensmittel, sondern will das Bewusstsein für Verschwendung schärfen.