Nur ein Vorschlag: die Kirche als Kletterhalle Foto: Horst Rudel

Die Kirchen sind da, die Gläubigen machen sich rar. Vor diesem Hintergrund haben sich Studenten der Akademie für Bildende Künste Gedanken gemacht, wie Gotteshäuser wieder mit Leben gefüllt werden können.

Lenningen - Einen guten Draht nach oben zu haben, das ist gemeinhin der Anspruch der Kirche. Doch in den Gotteshäusern verlieren sich immer weniger Gläubige, die sich auf das Angebot einlassen. Im Rahmen eines künstlerischen Stegreifprojekts haben sich Studenten der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart am Beispiel der Dreifaltigkeitskirche in Lenningen-Hochwang Gedanken darüber gemacht, wie leere Kirchen wieder mit Inhalt gefüllt werden können – und auch sie setzen dabei auf die Vertikale.

Geht es nach Johannes Bäuerle, dann bleibt der Weg nach oben, gepaart mit Gottvertrauen und dem notwendigen Training, ein beherrschendes Element auch in der umgenutzten Kirche. Er sieht die Chance, die Anfang der 1960er-Jahre gebauten Dreifaltigkeitskirche durch den Umbau in eine Kletterhalle aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. „Die Kletterhalle wirft Geld ab – und man kann endlich mal aus den Fenstern rausgucken“, so erklärt der Student die Vorzüge seines Zweitnutzungsvorschlags. Kaum ausgesprochen, wandern die Blicke der rund 50 Gäste, die sich die Vorstellung der studentischen Arbeiten nicht haben entgegen lassen, unwillkürlich nach oben. Tatsächlich: die Fensterfront der Kirche liegt rund acht Meter über dem Fußboden.

Dachgeschoss ins Blickfeld gerückt

Den Blick weiten, das ist die Absicht der Studenten gewesen, die unter der Anleitung der Assistenten Florian van het Hekke (Klasse für Architektur und Design von Professor Eduard Schmutz) und Katharina Köglberger (Klasse für Wohnbau und Grundlagen von Professor Mark Blaschitz) ihre Ideen zu Papier gebracht haben. „Die Aufgabe ist nicht, sich für einen Entwurf zu entscheiden“, sagt denn auch die für die Hochwanger Gemeinde zuständige evangelische Pfarrerin, Brigitte Turnacker. Der „Blick durch das Fenster“, den die jungen Leute geworfen hätten, sei jedoch geeignet, den bisher auf die Gottesdienstnutzung eingeengten Blick der Gemeinde auf ihre Kirche zu öffnen.

Ganz konkret ist dabei das Dachgeschoss ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Bisher gänzlich ungenutzt und hinter einer flächig abgehängten Holzdecke verborgen, spielt es in den studentischen Arbeiten eine wichtige Rolle. Das geht bis hin zu dem Vorschlag von Andreas Eberlein, der das Dachgeschoss mit Hilfe einer Außentreppe erschließen und zur Unterkunft für müde Wanderern ausbauen will. Derer sollte es genügend geben, streift doch der Nordrandweg der Schwäbischen Alb den zur Gemeinde Lenningen gehörenden Weiler.

Arbeiten sollen die Diskussion anheizen

„Leerstände in Kirchen sind ein großes Thema. Die Arbeiten sollen ein Anreiz sein, über Umnutzungsmöglichkeiten zu diskutieren“, sagt Florian van het Hekke. Weil das in der traditionell pietistisch geprägten Albregion ein hoher Anspruch ist, hat sich die Gemeinde ausgedungen, trotz aller Gedankenspiele den sakralen Charakter des Gotteshauses so weit zu erhalten, dass dort auch weiterhin Gottesdienste abgehalten werden können.

Die Entwürfe von Johannes Bäuerle, Boroka Felsö, Marcus Knust, Andreas Eberlein und Constanze Tierling sind bis zum 9. Juni in der an allen Wochentagen zwischen 10 und 19 Uhr geöffneten Dreifaltigkeitskirche am Klaus-Scheufelen-Platz in Lenningen-Hochwang zu sehen. http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.lenningen-die-biosphaere-entdeckt-die-kirchen-fuer-sich.e592e264-818f-45a8-8f0c-a940577a4a83.html