Die Karussells bestimmen das Bild des Frühlingsfestes. Foto: 7aktuell.de/ Gruber

So viele Menschen wie nie kamen aufs Frühlingsfest. Woran das liegt? Nicht nur am schönen Wetter, meint unser Redakteur Frank Rothfuß.

Stuttgart - Er hat es verdient. Wenn das Frühlingsfest seinen Mitarbeiter des Jahres kürt, kann der nur Petrus heißen. Mächtig ins Zeug gelegt hat er sich und dem Wasenrummel eitel Sonnenschein beschert. Mit 1,6 Millionen Menschen kamen so viele Besucher wie nie. Das ist auch dem grandiosen Wetter zu verdanken. Doch das allein erklärt nicht, dass es zuweilen auf dem Platz zuging wie beim Volksfest. Gerade an den Familientagen und an den Wochenenden drückte und drängelte man sich über den Platz. Da müssen schon mehr Leute etwas richtig gemacht haben – nicht nur Petrus.

Die Historie des Festes liegt im Dunkeln

Anders als das Volksfest hat das Frühlingsfest keine nennenswerte Geschichte. Nicht mal sicher ist, wann es überhaupt gegründet wurde. Zwar feiert man dieses Jahr die 80. Auflage, doch historisch verbürgt ist das nicht. Sicher ist, dass 1914 erstmals im Frühjahr ein Pferde- und Hundemarkt auf dem Wasen stattfand, wohl der Urahn des Frühlingsfests. 1934 soll dann erstmals ein Frühlingsfest stattgefunden haben, so behauptete es einst das Schausteller-Urgestein Walter Weitmann: Alte Briefe zwischen einer Standesorganisation der Schausteller und dem damaligen OB Klett belegten dies. Allerdings, so muss man wissen, wollte Weitmann damit seinem Intimfeind Willi Stamer eins auswischen. Die Stadt hatte nämlich Stamer für seinen Biergarten einen guten Standplatz gegeben, wegen seiner Verdienste um die Wiedereinführung des Frühlingsfests 1955. Da es das Frühlingsfest aber bereits vor dem Krieg gegeben habe, seien Stamers Verdienste nicht allzu groß, schloss Weitmann. Auf jeden Fall nicht groß genug, um ihn mit einem guten Platz zu belohnen.

Man stritt und zankte sich

Damit war der Ton gesetzt. Eitelkeiten und Streitereien dominierten. Jeder sah nur seinen Nutzen. Auch die Stadt wankte und schwankte auf ihrem Kurs. Beispiele gefällig? Jahrzehntelang hieß es, das Fest vertrage nur drei Zelte. Plötzlich standen deren fünf dort. Man sprach vom Familienfest, genehmigte aber einem Wirt ein Erlebniszelt, wunderte sich dann, dass dort von „nackten Friseusinnen“ gesungen wurde. Der Tiefpunkt kam 1998, als 30 Hooligans vier Polizisten krankenhausreif prügelten. Der Ruf war ruiniert, aus dem kleinen Bruder des Volksfestes war das Schmuddelkind geworden.

Rekord an Besuchern

20 Jahre später nun also ein Rekord an Besuchern. Der Weg zurück war ein mühsamer. Man verschärfte die Wasenordnung, mehr Ordner und Polizisten sind auf dem Platz. Das schreckte die Unruhestifter ab. 2005 nahm die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart Volksfest und Frühlingsfest unter ihre Fittiche. Und schaffte eines: Die Hauptdarsteller ziehen an einem Strang. Im eigenen Interesse. Aber auch, weil man eine Richtung vorgab. Das Volksfest baute man zur kleineren, aber feineren Alternative zum Oktoberfest aus. Beim Frühlingsfest entschied man, dies ist das Fest der Schausteller. Die Zelte durften größer werden, aber man sagte klar: Drei sind genug.

Und bei aller – mitunter maßlosen – Kritik am Rummel, der Wasen ist einer der seltenen Orte, wo sich noch Menschen aller Couleur begegnen. Trachtenträger und Flüchtlinge, Fußballfans und Hautevolee, jene mit Sauerwasser Getauften und jene am Bosporus Geborenen. Und gerade die, die sich den Eintritt im Europapark nicht leisten können, trifft man dort. Wenn es nur zum Gucken oder für eine Karussellfahrt der Kinder ist. Und das macht allemal mehr Spaß, wenn die Sonne scheint. Petrus sei Dank.

frank.rothfuss-jenewein@stn.zgs.de