Bui Foto: Alexander Keppler

Die Turnerin Kim Bui hat trotz eines enormen Trainingspensums 2009 mit dem Studium begonnen.

Stuttgart - Die Deutsche Sporthilfe hat sie mit ihrer Anzeigenaktion in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt: Spitzensportler, die trotz großer Erfolge um jeden Euro kämpfen müssen. Kim Bui ist eine von ihnen. Die Turnerin hat trotz eines enormen Trainingspensums im Herbst 2009 mit dem Studium begonnen.

Es ist schwer, einen Termin bei Kim Bui zu bekommen. Deutschlands beste Turnerin ist eine vielbeschäftigte junge Frau. Das verwundert auf den ersten Blick nicht: Wer zu den Olympischen Spielen will, der sollte mehr Zeit mit dem Training als mit der Presse verbringen. Doch auf den zweiten Blick verwundert es dann irgendwie doch. Denn die Übungseinheiten sind nur der eine Schwerpunkt in Buis Leben.

Fast hat es den Anschein, als ob die gebürtige Tübingerin der Prototyp der in der Anzeigenaktion der Sporthilfe beschriebenen Sportler ist. Einen Großteil ihres Lebens hat Bui in den Turnhallen dieser Welt verbracht. Sie ist mehrfache deutsche Meisterin, und für nicht wenige zählt sie zu den Medaillenhoffnungen bei den Olympischen Spielen 2012 in London. Bis zu 30 Stunden Training pro Woche sind keine Seltenheit. Sollten sich Aufwand und Ergebnisse da nicht auch finanziell auszahlen? "Hallo", sagt Bui halb belustigt, halb entrüstet, "wir reden hier vom Turnen." Selbst ein Fabian Hambüchen, ihr männliches Pendant im deutschen Turnen, könne keine Reichtümer anhäufen - obwohl viele das denken würden. "Der verdient auch nicht mehr als ein ganz normaler Mensch", weiß Bui.

Hambüchen kann immerhin auf einige private Sponsoren bauen. Die fehlen Bui völlig. 240 Euro Fördergeld im Monat bekam sie als B-Kader-Athletin im vergangenen Jahr von der Sporthilfe. Eliteförderung plus Fahrtkostenzuschuss nennt sich das. Seit 1. Januar ist Bui in das sogenannte Top-Team aufgerückt. Wie viel Unterstützung es nun mehr gibt, steht noch nicht fest. Es interessiert Bui aber auch nicht wirklich. Für sie spielen die Finanzen längst eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist, dass am Ende kein Minus unterm Strich steht. Und das funktioniert, da der Verband die Trainingslager und Fahrten zu den Wettkämpfen bezahlt und im Notfall ihr "Daddy" aushilft.

Kim Bui musste früh erkennen, dass im Sport brutale Mechanismen wirken, dass Leistung nicht immer anerkannt wird. Für Olympia in Peking wurde sie trotz starker Leistungen nur als Ersatzturnerin nominiert. Danach verschoben sich die Prioritäten. "Irgendwann merkt man, dass Turnen auch nicht alles ist", sagt sie. So oder so, Deutschlands beste Turnerin hat bereits jetzt die Zeit nach dem Spitzensport eingeläutet. Seit Herbst studiert Bui technische Biologie an der Uni Stuttgart. Als ob der Trainingsaufwand nicht genug wäre, kommen nun noch 22 Wochenstunden Unterricht hinzu. Die Begründung klingt ebenso einleuchtend wie ernüchternd: "Ich weiß ja heute schon, dass ich mir für meine Erfolge nichts kaufen kann."

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