Nicole Jones betreut die Katzen, die aktuell noch in der Echterdinger Katzenoase beherbergt werden. Foto: Caroline Holowiecki

Knapp 20 Jahre lang hat eine Frau in Leinfelden-Echterdingen Haustiere betreut, nun ist sie unerwartet gestorben. Eine Freundin will das Lebenswerk weiterführen. Doch das ist alles andere als einfach.

Echterdingen - Das Handy klingt immer wieder. Nicole Jones muss viele Fragen beantworten. Sie sitzt auf einem Gartenstuhl im Schatten hinterm Haus, stützt den Kopf in die Hand, wirkt erschöpft. Nein, die Katzenoase kann keine Katzen mehr zur Betreuung aufnehmen. Nein, die Inhaberin ist nicht erreichbar. Die eigentliche Information auszusprechen, das fällt ihr sichtlich schwer. Wer überbringt schon gern am Telefon Todesnachrichten?

Seit 2002 gibt es die Katzenpension am Rand des Echterdinger Zentrums. Vor Kurzem ist die Inhaberin unerwartet gestorben. Mit 66 Jahren. Nicole Jones war ihre gute Freundin und zuletzt auch Mitstreiterin. Sie hat nur warme Worte für die Verstorbene übrig. Die Frau habe einen besonderen Draht zu den Tieren gehabt. „In der ganzen Zeit ist nicht ein Tropfen Blut geflossen.“

Sie steht vor einem Scherbenhaufen

Von einem Tag auf den anderen sind Nicole Jones viele Aufgaben in den Schoss gefallen. Die Verstorbene hatte mehrere eigene Tiere, die sind bereits weitervermittelt. Auch die Organisation der Katzenoase liegt nun plötzlich bei der 44-Jährigen. Vom zuständigen Veterinäramt hat die Sielmingerin nach eigenen Angaben die Erlaubnis erhalten, die Tierbetreuung weiterzuführen, bis der letzte Pensionsgast ausgezogen ist. Immerhin hatten ja viele Leute verbindlich die Versorgung ihrer Lieblinge gebucht.

Tatsächlich tummeln sich etliche Katzen im Obergeschoss des Hauses, während ihre Besitzer mutmaßlich im Urlaub sind. Die Tiere balancieren auf Regalen und einer Leiter, sie lugen aus Höhlen und Körben hervor, halten hinter Tüchern und auf Kissen Nickerchen. Nur eine miaut auffordernd. Nicole Jones lächelt in sich hinein. „Das ist unser Schlumpf. Er unterhält sich gern.“

Am 20. September wird die letzte Katze das Haus verlassen. Und dann? Ein lautes Schnaufen. „Wir hatten Pläne, das noch zehn, 15 Jahre gemeinsam zu machen. Jetzt stehe ich hier vor einem Scherbenhaufen.“ Nicole Jones, die sich seit der Elternzeit schwertut, wieder beruflich Fuß zu fassen, erzählt, dass sie dieser Tage richtig ins Gewerbe einsteigen wollte. Während der coronabedingten Schließung habe das Duo gemeinsam die Räume renoviert. Die Filderstädterin sagt, sie habe zudem bereits einen Termin für die Eignungsprüfung nach dem Tierschutzgesetz, denn die gewerbsmäßige Arbeit mit Tieren ist erlaubnispflichtig. Jetzt aber muss die Katzenoase schließen. Familienangehörige haben augenscheinlich andere Pläne mit dem vererbten Haus.

„Was fehlt, ist ein Wunder“

Doch Nicole Jones hat einen Entschluss gefasst: Nach Möglichkeit will sie weitermachen. Wie das klappen soll, weiß sie noch nicht. Um eine 24-Stunden-Betreuung weiterzuführen, brauche sie eine Immobilie auf der Filderebene. Idealerweise sollte sie so groß sein, dass Nicole Jones’ vierköpfige Familie einziehen kann und extra Räume für die Katzen gestaltet werden können. Doch weder ein Haus noch üppige finanzielle Mittel seien in Sicht. „Was fehlt, ist ein Wunder“, sagt Nicole Jones.

Das Potenzial ist offenbar da. In der Kundenkartei befänden sich an die 300 Namen. Die Leute kämen aus Calw, Leonberg oder Göppingen extra nach Echterdingen, etliche von ihnen seit weit über zehn Jahren. Mit der Zeit hätten sich Freundschaften entwickelt. „Die Leute sind teilweise total zusammengebrochen“, sagt Nicole Jones. Auch für sie will sie versuchen, eine neue Katzenoase zu gründen. Und für die gestorbene Freundin. „Sie hätte gewollt, dass es weitergeht.“

Wer kann helfen?

Kontakt zu Nicole Jones kann man unter der Telefonnummer 0 15 73/5 64 65 76 aufnehmen.