Bei der DM im August musste Alina Reh eine Enttäuschung verdauen, jetzt schaut sie wieder optimistisch in die Zukunft. Alina Reh schaut nach Rückschlägen frohgemut nach vorne. Foto: Baumann

Die Langstreckenläuferin von der Schwäbischen Alb hat einige Nackenschläge weggesteckt und die Olympischen Spiele im Visier. In Bietigheim peilt die 22-Jährige ihren fünften Silvesterlaufsieg an.

LAICHINGEN - Es war ein Jahr voller Triumphe und Tränen für Alina Reh. Die Langstreckenläuferin von der Schwäbischen Alb glänzte zu Beginn des Sommers mit internationalen Erfolgen, um dann in ein Tal der Tränen zu stürzen. Bei der WM in Doha Ende September lief die 22-Jährige im 10 000-Meter-Finale drei Kilometer an der Spitze des Felds, ging dann aber mit mit Magenkrämpfen in die Knie. Dass sie mit Tränen in den Augen im Rollstuhl aus dem Stadion gefahren wurde, war der bitterste Moment ihrer Karriere.

Versprechen für die Zukunft

Die Laichingerin vom SSV Ulm 1846, fünffache Junioren-Europameisterin und bei den Aktiven fünfmal deutsche Meisterin auf der Bahn, bleibt aber ein Versprechen für die Zukunft. Was Konstanze Klosterhalfen auf der Bahn verkörpert, könnte Alina Reh auf der Straße sein. Der Lockenkopf liegt auf allen Strecken von 5000 Metern bis zum Halbmarathon auf den vordersten Plätzen der ewigen deutschen Bestenliste und ist die größte Läuferin, die die württembergische Leichtathletik je hervorgebracht hat.

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Alina Reh ist eine Läuferin, die von ihrer Heimat, der Schwäbischen Alb, geprägt ist: zäh, herzlich aber auch sensibel. Bei den deutschen Meisterschaften in Berlin musste sie über 5000 Meter gegen Konstanze Klosterhalfen eine schmerzliche Niederlage einstecken. Reh entging beim deutschen Rekord der Konkurrentin als einzige einer Überrundung. Auch dies war eine Niederlage, die schmerzte. Die Tränen, die sie im Ziel vor einer Werbebande am Boden sitzend vergoss, waren keine Krokodilstränen.

Zwei Rückschläge zu verdauen

Zur Therapie der Ereignisse von Doha und Berlin ist Reh zu ihrer Familie und in die Natur der Schwäbischen Alb zurückgekehrt: „Ich hatte nach Doha erstmals keine Lust zum Laufen.“ Nach dieser Pause musste Alina Reh noch einen weiteren Rückschlag einstecken. Jürgen Austin-Kerl, ihr langjähriger Trainer, der viele Trainingskilometer an ihrer Seite absolviert hatte, musste aus privaten Gründen die Betreuung aufgeben. Verantwortlich ist ab sofort André Höhne, ehemaliger Weltklasse-Geher und Langstrecken-Bundestrainer der Männer aus Berlin. Hauptunterschied: Reh muss ihr Training erstmals allein durchziehen.

Medaillenchancen bei der EM

Ihre Ziele im Sommer 2020 sind ihre ersten Olympischen Spiele in Tokio und die Europameisterschaften in Paris. In Tokio möchte sie über 10 000 Meter an der Startlinie stehen, in Paris voraussichtlich im Halbmarathon. Als derzeit viertbeste Europäerin hat Reh unterm Eiffelturm Medaillenchancen. Bis dahin hat sie viele Trainingskilometer auf dem Programm. Vor Weihnachten absolvierte sie in Balderschwang (Allgäu) über 200 Kilometer auf Langlaufskiern.

In der Vorbereitung auf den Silvesterlauf in Bietigheim hat sie Skischuhe wieder mit Laufschuhen getauscht. Viermal hat sie unterm Enzviadukt schon gewonnen, es wäre keine große Überraschung, wenn sie auf der 11,1-Kilometer-Distanz ihren fünften Sieg einfahren und den eigenen Streckenrekord unterbieten würde: „Hier bin ich Lokalmatadorin, hier fühle ich mich wohl.“ Nach Neujahr geht’s für vier Wochen ins Trainingslager nach Dollstrom (Südafrika) in 2000 Meter Höhe, bereits Anfang Februar steht der Halbmarathon in Barcelona auf dem Plan.