Eine Lehmschicht komplettiert das Haus aus Strohballen. Foto: Frank Eppler

Es muss nicht immer Beton sein: In Weissach im Tal testen Kinder, wie man auf umweltfreundliche Weise Gebäude bauen kann – zum Beispiel aus Stroh, Holz und Lehm.

Weissach im Tal - Ein Stapel Holzbretter, eine Anhängerladung Strohballen und einige Eimer Lehm und Sand – mehr braucht es nicht, um ein gemütliches, wetterfestes und obendrein umweltfreundliches Häuschen zu bauen. Den Beweis dafür liefern einige sehr junge Bauherren und -damen in Weissach im Tal: Die acht Sechs- bis Elfjährigen haben nun vor dem Klimakulturzentrum in Unterweissach eine komplett aus natürlichen Materialien bestehende Hütte gebaut.

Ein echtes Aha-Erlebnis für die Nachwuchs-Häuslebauer, zu denen auch Liam gehört. „Ich wusste nicht, dass man so ein Haus bauen kann“, sagt er, während er, eine Kelle in der Hand, mit Raphael und Jonah eine bräunliche Mischung aus Lehm und Sand zu einem Vulkankrater formt. In dessen Mitte kommt eine Portion Wasser, dann heißt es kräftig rühren, bis eine dickflüssige, braune Pampe entsteht. Diese wird später als vier bis fünf Zentimeter dicke Schicht auf die aus Strohballen und einem Rahmen aus Holzbrettern gebauten Wände gespachtelt – fertig ist die Außenfassade, die zum Schutz noch eine Schicht Kalkputz erhält.

Ein Klimaprojekt für „die Macher von morgen“

Wozu das ungefähr 2,5 auf zwei Meter große, in wenigen Stunden erstellte Häuschen in Zukunft dienen soll, das steht nach den Worten von Silke Müller-Zimmermann noch nicht fest. Die Projektleiterin des vom Bundesumweltministerium geförderten Programms „Klima wandeln – prima Handeln“, auf dessen Initiative der Hausbau zurück geht, kann sich aber vorstellen, das Minihaus als Informationsort für den Klimaschutz zu nutzen.

Ganz bewusst hat sie sich dafür entschieden, bei dem Projekt mit Kindern zu arbeiten. Diese seien schließlich „die Macher von morgen“, sagt Silke Müller-Zimmermann – und offen für neue Ideen wie eben jene, dass ein solides Haus nicht unbedingt aus Beton und für die Ewigkeit gebaut sein muss. Das Gegenteil sei der Fall, betont der Architekt für Stadt- und Regionalplanung, Andreas Kawa.

Für den Stuttgarter ist das Haus der Zukunft eines, das viel Flexibilität und möglichst keinen Müll hinterlässt. Cradle to Cradle – „vom Ursprung zum Ursprung“ heißt die Idee einer konsequenten Kreislaufwirtschaft, welche Andreas Kawa bekannter machen möchte. In Ulrich Schmidt aus Mühlacker hat er da einen Partner gefunden: der Zimmerermeister und Bautechniker aus Mühlacker hat sich auf den Bau von Strohballenhäusern spezialisiert.

Unter dem Motto „Wir können rund und eckig“ baut Schmidt nach dem altbewährten Prinzip des Fachwerkbaus Häuser aus hölzernen Ständern, die Zwischenräume werden mit Strohballen aus Weizenstroh aufgefüllt. Letztere sind extra stark gepresst und bieten dadurch einen guten Schutz gegen Feuer, denn die äußere Strohschicht verkohlt wie Holz. „So ein Strohballen erfüllt den F-30-Standard“, sagt Ulrich Schmidt. Das bedeutet, der Ballen hält einem Feuer mindestens 30 Minuten stand.

Auf die Idee, Strohballen als Dämmmaterial und Baustoff zu verwenden, ist Ulrich Schmidt schon vor rund 20 Jahren gekommen. „Mineralwolle ist nicht schön zu verarbeiten“, sagt der 43-Jährige – hinzu kämen gesundheitliche Bedenken, die Fasern stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Sein erstes Strohballenhaus hat er im Jahr 2001 gebaut: „Ein Hühnerhaus für 70 Hühner“, sagt der Zimmerermeister, „es steht heute noch“. Im Lauf der Jahre sind Häuser für Menschen hinzugekommen, das erste hat Schmidt in Weissach im Landkreis Böblingen gebaut. Rund 700 Strohballen stecken dort in den Wänden. Und weil man das dem Gebäude nicht ansieht, hat Ulrich Schmidt in einer Wand extra ein Fensterchen eingebaut, das einen Blick auf das Innenleben gewährt.

Das erste Strohballenhaus war ein Hühnerhaus

In Weissach im Tal sind die Bauarbeiten derweil noch im vollen Gange: Unter den Augen von Andreas Kawa und Ulrich Schmidt tragen die Jungen und Mädchen die knapp einen Meter langen, rund zwölf Kilo schweren Strohballen zu dem Holzgerüst, das sie zuvor aus Brettern zusammengeschraubt haben. Ein bisschen ähnelt die Konstruktion einem Setzkasten ohne Boden. In dessen Fächer stopfen und stampfen die Kinder nun dicht an dicht Strohballen für Strohballen. Auf die Außen- und Innenwand schmieren sie dann mehrere Schichten Lehm, ein Holzdach macht die Hütte komplett. Falls sie irgendwann nicht mehr gebraucht werde, blieben nach ihrem Abriss keine Berge von Schutt und Abfall, sagt Silke Müller-Zimmermann: „Das Stroh kann untergepflügt werden, die Bretter kann man weiterverarbeiten oder verbrennen.“