Erst am Dienstag wurden die Badegäste im Rosental informiert Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Im Rosentalbad in Vaihingen sind hohe Konzentrationen von Legionellen gefunden worden. Zum Schutz der Badegäste bleiben die Duschen geschlossen, bis geklärt ist, ob die Desinfektion der Rohre und der Duschanlage erfolgreich war.

Stuttgart - Legionellen sind Stäbchenbakterien, die Atemwegsinfektionen und im schlimmsten Fall eine schwere Lungenentzündung auslösen können. In Erinnerung geblieben ist der Legionellenausbruch in Ulm, der im Jahr 2009 fünf Menschen das Leben gekostet hatte und bei dem 59 schwer an Legionellose erkrankt sind.

Am 14. August standen das Bäderamt und das mit den Analysen beauftragte Institut im Freibad Rosental ebenfalls vor Wasserproben, deren Legionellenkonzentration zu hoch war. Die Proben sind bei den Duschen entnommen worden, wie es die Trinkwasserverordnung für die Bäderbetreiber vorschreibt. Über die Höhe der Konzentration schweigt die Geschäftsführerin der Bäderbetriebe allerdings: „Eine Veröffentlichung der Messwerte ist nur mit Zustimmung des Instituts erlaubt“, sagt Anke Senne, sie könne aber bestätigen, dass es sich um „stark erhöhte Werte“ handle.

Ihr Amt und das Gesundheitsamt als Aufsichtsbehörde haben daraufhin eine thermische Desinfektion in die Wege geleitet. Laut Anke Senne wird dabei 75 Grad heißes Wasser drei Minuten lang durch die Rohre und die Duschköpfe geschickt. Danach ist erneut eine Probe gezogen worden, deren Auswertung circa zwölf bis 14 Tage dauert. „Zur Sicherheit statteten wir die Duschen mit Köpfen aus, die einen Sterilfilter haben“, sagt Senne. Weil es habe schnell gehen müssen, habe man welche besorgt, die für den Normalbetrieb in Privathaushalten gedacht waren, jedoch seien diese von den Badegästen „manipuliert“ worden und „abgefallen“. Aus Sicherheitsgründen sei dem Bäderamt nichts anderes übriggeblieben, als die 22 Warmduschen zu schließen. Senne: „Legionellen sind nicht zu unterschätzen.“

Gäste müssen aufs Warmduschen verzichten

Die Badegäste blieben unterdessen ratlos zurück. Die unterschiedlichsten Deutungen machten die Runde: Hatte die Stadt Duschköpfe eingebaut, die den Wasserverbrauch senken sollten? Jedenfalls ohne Erfolg: „Bei der einen Dusche flog der Duschkopf, beschleunigt durch den Wasserdruck, dem Badenden auf den Kopf, aus den anderen kam zum Teil so wenig Wasser, dass die Männer von Strahl zu Strahl springen mussten, um nass zu werden“, erzählt einer der Frühschwimmer, die für 90 Euro eine Dauerkarte erworben haben. Schließlich durften die Duschen gar nicht mehr benutzt werden, die Männer standen vor verschlossener Tür und hörten drinnen Wasser rauschen. „Wird da was durchgespült?“, fragte man sich bange und stieß bei den Mitarbeitern auf eine Mauer des Schweigens. „Mich ärgert besonders, dass wir Stammgäste nichts erfuhren“, schimpft Kai Brodbeck. Erst am vergangenen Dienstag – nach der Anfrage unserer Zeitung beim Bäderamt – sind Informationen über den Legionellenfund im Freibad Rosental ausgehängt worden.

Die Badegäste müssen bis auf weiteres auf das Warmduschen verzichten. „Am Wochenende oder Anfang nächster Woche steht fest, ob die thermische Desinfektion erfolgreich war“, sagt Anke Senne. Wenn ja, werden die Duschen wieder freigegeben. Und wenn nicht? Zur Öffnung des benachbarten Hallenbads fehlt das Aufsichtspersonal. Deshalb müssen die Badegäste mit der Kaltwasserdusche am Beckenrand vorliebnehmen.

Legionellen sind überall

Im warmen, feuchten Milieu fühlen sich Stäbchenbakterien namens Legionella pneumophila besonders wohl, bei mehr als 25 Grad vermehren sie sich besonders schnell. „In einem Glas Wasser getrunken sind sie völlig unschädlich, weil die Magensäure sie zerstört. Wo sich allerdings Aerosole bilden, feinste Wassertröpfchen, können sie beim Atmen in die Atemwege gelangen und insbesondere bei Säuglingen, alten und kranken Menschen eine Legionellose auslösen, eine schwere Lungenentzündung“, sagt Daniela Gumhalter, Sachgebietsleiterin vom Gesundheitsamt der Stadt Stuttgart. Gefahren entstehen deshalb insbesondere durch Klimaanlagen und Duschanlagen.

Das Problem bei öffentlichen Badeanstalten sind die Rohre. Legionellen, die sich stark vermehren, bilden einen sogenannten Biofilm an den Innenwänden. Das durchlaufende Wasser wird dort mit den Bakterien kontaminiert. Zum Zeitpunkt der Probenentnahme, Mitte August, war es 37 Grad warm, und 5000 Badegäste hatte man allein am Tag davor im Vaihinger Freibad gezählt – beste Vermehrungsbedingungen also für die Legionellen. Kommt es zu einer Infektion, leiden die Patienten an grippeähnlichen Symptomen, Schüttelfrost, Bauchweh und Durchfall und können ins Koma fallen, bleibt die Infektion unbehandelt.

Vor zwei Jahren ist ein sogenannter Maßnahmewert für Legionellen in die Trinkwasserversorgung aufgenommen worden. Demnach sind 99 koloniebildende Einheiten (KBE) je 100 Milliliter Wasser vertretbar, bei 100 bis 1000 muss der Betreiber aktiv werden. Liegt die Zahl bei 1000 bis 10 000 und darüber, spricht man von sehr starker Kontamination. Das Umweltbundesamt empfiehlt in diesem Fall beispielsweise die Stilllegung von Duschen.

Das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, angesiedelt beim Regierungspräsidium Stuttgart, ist in solchen Fällen beratend tätig. Der Sachgebietsleiter Jens Fleischer kennt mehrere Auslöser für Legionellenkontaminationen: zeitweise geleerte Leitungen, stehendes Wasser, schlecht verarbeitete Rohre – und oft genug Boiler, die auf weniger als 45 Grad Celsius eingestellt sind. (czi)