Eierkäufer sind verunsichert. Doch Experten halten die gefundenen Fipronil-Konzentrationen für unbedenklich. Foto: dpa

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg nimmt vier Betriebe ins Visier. Mittlerweile werden auch erste verarbeitete Produkte zurückgerufen, denn auch Nudeln, Mayonnaise oder Kuchen könnten belastet sein. Ein Überblick.

Stuttgart - Nachdem der Handel mit dem Insektizid Fipronil kontaminierte Eier aus den Regalen genommen hat, geht es an die juristische Aufarbeitung. Gleichzeitig sind weitere belastete Eier aufgetaucht. Ein Überblick.

Ermittlungen Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat ein Ermittlungsverfahren gegen niedersächsische Landwirte eingeleitet. Sie stehen unter dem Verdacht, gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetz verstoßen zu haben. Konkret geht es um die Verantwortlichen von Legebetrieben, deren Eier positiv auf Fipronil getestet wurden. Weitere Details wurden nicht genannt. In Belgien und den Niederlanden waren bereits zuvor Ermittlungsverfahren eingeleitet geworden. In Eiern aus diesen beiden Ländern war Fipronil zuerst nachgewiesen worden. In Deutschland wurden bis jetzt vier niedersächsische Hühnerbetriebe gesperrt. Ihre Eier wurden aus dem Verkehr gezogen. Ursache des Skandals ist ein pflanzliches Mittel gegen Milbenbefall, dem das für diesen Zweck verbotene Fiprinol beigemischt wurde – mutmaßlich von einem belgischen Hersteller.

Produkte Nach dem mehrere Millionen belasteter Eier niederländischer Produzenten aus den Supermarktregalen genommen und vernichtet worden sind, gibt es mittlerweile auch Rückrufe von verarbeiteten Produkten. So hat die Lübecker Firma Neue Mayo Feinkost sechs Salatprodukte zurückgerufen, für die mit Fipronil belastete Eier verarbeitet worden sein sollen. Baden-Württemberg ist davon nicht betroffen. Auf der Internetseite www.lebensmittelwarnung.de sind die Prüfnummern belasteter Eier aufgelistet. Die Namen verarbeiteter Produkte, für die solche Eier verwendet wurden, finden sich ebenfalls dort. Da noch nicht alle Testergebnisse vorliegen, könnte die Liste noch länger werden. So werden etwa auch in Nudeln, Mayonnaise oder Kuchen Eier verarbeitet.

Kontrollen Die Lebensmittelkontrolleure arbeiten mit Hochtouren an der Untersuchung der in den letzten Tagen gesammelten Eierproben. Nordrhein-Westfalen teilte mit, dass die Kollegen vom normalerweise zuständigen Untersuchungsamt Münster nun auch von den Kollegen in Krefeld unterstützt würden. In Baden-Württemberg laufen die Analysen beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg. Dort hat die Untersuchung der Eier nach Angaben des Agrarministeriums derzeit Vorrang vor Routineuntersuchungen. Verbraucherschützer fordern generell strengere Lebensmittelkontrollen. „Man kann nicht jeden Tag alles kontrollieren“, heißt es dazu im Stuttgarter Agrarministerium. Es sei noch nicht einmal möglich, jeden Betrieb mindestens einmal im Jahr zu überprüfen. Stattdessen werde „risikoorientiert“ kontrolliert – also etwa aufgrund aktueller Meldungen wie im Fall der Fipronil-Eier. Den bisweilen geäußerten Vorwurf, es werde auf Kosten der Verbraucher an den Kontrollkapazitäten gespart, weist das Ministerium zurück. So sei im Südwesten die Zahl der Stellen für Lebensmittelkontrolleure von 222 im Zeitraum 2005 bis 2009 auf 376 im Jahr 2016 gestiegen. Das Agrarministerum habe sich einen weiteren Ausbau gewünscht, sei aber vom Finanzressort gebremst worden, so eine Sprecherin. Zuständig für die Kontrollen vor Ort sind die Landratsämter. An diesem Dienstag erwartet das Ministerium weitere Untersuchungsergebnisse von potenziell mit Fipronil belasteten Eiern. In Ware aus dem Südwesten wurde das Gift bis jetzt nicht gefunden.

Risiken An der Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hat sich nichts geändert. Die Experten sahen selbst bei den bislang höchsten gefundenen Fipronil-Konzentrationen von 1,2 Milligramm pro Kilogramm Ei keine Gesundheitsgefährdung für Erwachsene. Ein Kleinkind müsste 1,7 Eier am Tag essen, um den als unbedenklich angesehenen Wert zu erreichen. Basis dieser Einschätzung waren Analyseergebnisse aus Belgien. Die bislang von deutschen Ämtern ermittelten Fipronil-Konzentrationen sind mit maximal 0,051 Milligramm pro Kilogramm Ei mehr als zwanzigmal niedriger, so dass hier erst recht keine Gesundheitsgefährdung zu erwarten ist. Diese Einschätzung beruht allerdings nur auf den bis jetzt vorliegenden Ergebnissen. Auch der Verzehr von Hühnerfleisch gilt als unbedenklich, da die Konzentrationen hier noch niedriger sind. Legehennen werden in der Regel ohnehin nicht zur Fleischproduktion genutzt. Aufgrund der spezialisierten Zucht wäre die Mast dieser Tiere nicht wirtschaftlich.

Politik Wie am Wochenende bekannt wurde, wussten die belgischen Behörden bereits Anfang Juni von einem ersten Verdachtsfall, leiteten diese Information aber erst am 20. Juli an andere EU-Staaten weiter. Das stieß am Montag sogar bei Belgiens Agrarminister Denis Ducarme auf Unverständnis. Laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien „kein Argument“, um solche Informationen geheim zu halten, sagte Ducarme. Auch Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauck kritisierte die belgischen Behörden.

Verbraucher Eierproduzenten im Südwesten verzeichnen angesichts des Skandals teilweise eine deutlich gestiegene Nachfrage. Im Stuttgarter Agrarministerium hofft man, „dass die Verbraucher nicht nur dann nach heimischen Produkten fragen, wenn es mal Probleme gibt“.

Wie Legehennen in Deutschland gehalten werden

Hühner In Deutschland haben im vergangenen Jahr nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes etwa 40 Millionen Legehennen knapp 12 Milliarden Eier produziert.

Bodenhaltung Diese Haltungsform ist am häufigsten. Die Tiere leben in einem geschlossenen Stall, in dem sie sich frei bewegen können. Maximal neun Hennen pro Quadratmeter Stallfläche sind zulässig.

Freilandhaltung Tagsüber muss jede Legehenne uneingeschränkten Zugang zu einem Auslauf von mindestens vier Quadratmetern haben. Für den Stall gelten die Vorgaben der Bodenhaltung.

Ökologisch Pro Stall dürfen bei ökologischer Erzeugung nicht mehr als 3000 Legehennen gehalten werden. Es sind maximal sechs Hennen pro Quadratmeter Stallfläche erlaubt. Für jedes Tier muss es 18 Zentimeter Sitzstange sowie vier Quadratmeter Auslauffläche geben.

Käfighaltung Sie ist nach dem Verbot der traditionellen Käfighaltung stark zurückgegangen. Betriebe, die noch Hennen in Kleingruppen in sogenannten ausgestalteten Käfigen halten, müssen sich auch davon bis Ende 2025 trennen. In besonderen Härtefällen gibt es bis zu drei Jahre länger Aufschub.