Das Schachern um die Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke ist in vollem Gange.

Berlin - Das Schachern um die Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke ist in vollem Gange: Wenn Kanzlerin Angela Merkel am Mittwoch die Chefs der vier großen Stromkonzerne trifft, wird die Branche ihrem Ärger über die geplante Brennelementesteuer Luft machen.

Die gute Stimmung zwischen der schwarz-gelben Koalition und den Bossen der Strombranche ist verflogen. Der Grund ist, dass die Bundesregierung zur Sanierung des Haushalts eine Steuer auf Brennelemente auflegen will. Die Steuer soll ab 2011 2,3 Milliarden Euro jährlich einspielen.

Sparpaket soll nicht wieder aufgeschnürt werden

Die Atombranche ist vergrätzt und hat im Vorfeld des Gesprächs im Kanzleramt gar mit rechtlichen Schritten gedroht. Völlig überraschen kann dies nicht. Schließlich hatte im Jahr 2000 die damalige Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder der Strombranche ausdrücklich zugesichert, den Betreibern der Atomkraftwerke keine fiskalischen Sonderlasten aufzulegen, wenn sie dem Atomkonsens zustimmt.

Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hat deswegen durchaus Verständnis. "Im Hinblick auf den Atomkonsens kann ich durchaus nachvollziehen, dass es in der Branche jetzt diese Unruhe gibt", sagte Pfeiffer gegenüber unserer Zeitung. Allerdings macht er ebenso deutlich, dass sich Schwarz-Gelb an die Vereinbarung, die Schröder mit den Strombossen seinerzeit getroffen hat, nur bedingt gebunden fühlt: "Die Union hat dem Konsens nicht zugestimmt. Wir haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass wir ihn für falsch halten."

Pfeiffer weist zudem auf den Zwang zum Sparen hin: "Jetzt ist die Zeit des Sparens und der Haushaltssanierung angebrochen. Die Fraktion steht voll hinter dem Sparpaket der Koalition. Es sollte jetzt nicht wieder aufgeschnürt werden." Zugleich weist Pfeiffer darauf hin, dass die Brennelementesteuer durchaus in die Verhandlungsmasse um die Laufzeitverlängerung eingehen könnte: "Wichtig ist aber auch, dass wir zu einer substanziellen Verlängerung der Laufzeiten kommen." Die Brennelementesteuer könne durchaus ein "integraler Bestandteil des Lösungspakets" werden.

Gewinnspannen bei Atomstrom besonders hoch

Ob eine Klage gegen die Steuer chancenreich ist, ist umstritten. Fest steht aber, dass bei einem Erfolg das schwarz-gelbe Sparpaket Makulatur wäre. Die Atomsteuer ist nämlich der größte Einzelposten im 80-Milliarden-Bündel an Sparmaßnahmen und Mehreinnahmen. Die Einnahmen aus der Atomsteuer sollen nicht nur in den Haushalt, sondern auch in die mehrere Milliarden Euro teure Sanierung des maroden Atommülllagers Asse fließen - die Regierung sieht in der Steuer deshalb eine Art Solidaritätsbeitrag der Atomindustrie.

Erschwerend für die Konzerne kommt derzeit hinzu, dass die Laufzeitverlängerung noch unklar ist. Da unter anderem der frühere Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier in einem Gutachten zu dem Schluss kommt, die Länder müssten einer deutlichen Laufzeitverlängerung zustimmen, könnten die Meiler bei einer Entscheidung ohne Bundesrat eventuell nur einige Jahre länger am Netz bleiben. Schwarz-Gelb ist im Bundesrat nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen ohne Mehrheit.

Gewinnspannen bei Atomstrom besonders hoch

Bei längeren Laufzeiten dürfte die Atomindustrie die Atomsteuer milder sehen - die Grünen warnen bereits vor Tauschgeschäften Atomsteuer gegen jahrzehntelangen Fortbestand des Atomstroms. Aber: Es könnte ohnehin durchaus sein, dass die Atomindustrie neben der Atomsteuer bei längeren Laufzeiten eine weitere Abgabe zahlen muss.

Die Konzerne berufen sich bei ihren Klageüberlegungen zum einen auf eine EU-Richtlinie, dass Energiequellen nicht einseitig zu stark belastet werden sollen. Und zum anderen auf den Beschluss von SPD und Grünen zum Atomausstieg, in dem vereinbart wurde, dass die Atomindustrie nicht zusätzlich steuerlich zur Kasse gebeten werden soll. Aus der Regierung heißt es dazu, dass der Atomausstieg eine politische Verabredung war und nicht rechtlich bindend sei.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betont in einem Interview vom Wochenende, die Steuer sei sorgfältig erwogen und unstrittig gewesen. "Ohnehin sind die Gewinnspannen bei Atomstrom so hoch, dass die Brennelementesteuer zulasten der Gewinnmarge geht und sich nicht auf den Strompreis der Verbraucher auswirken dürfte."