Susanna Messerschmidt ist für ihre taktilen Objekte mit Tentakeln und Fühlern bekannt. Sie hat aber auch zweidimensionale Arbeiten präsentiert. Foto: Susanne Müller-Baji

Lange Nacht der Museen sorgte in Feuerbach und Zuffenhausen für überraschende Einblicke.

Stuttgarter Norden - Dreh- und Angelpunkt am Samstagabend ist der Bahnhof Feuerbach: Als Fortsatz der Tour U6 dreht der Shuttlebus von hier aus seine Runden zum Schick-Areal, Porschemuseum und zur Feuerbacher Moschee. Einige der Wartenden an der Haltestelle haben sich eine Wunschroute ausgetüftelt: „Die Werkstattführung bei Porsche hat man nicht so oft – vielleicht schaffen wir die um Viertel nach?“ meint ein junger Mann. Der Rest der Gruppe nickt.

Über 80 Kulturorte öffnen bei dieser 20. Langen Nacht der Museen ihre Tore, viele bieten mehrere Programmpunkte an, da lohnt sich ein wohlüberlegtes Vorgehen. Oder man wählt die entgegengesetzte Taktik und lässt sich treiben. Wie die beiden Besucherinnen aus Kaltental: „Wir sind sonst nie in Feuerbach, wollen uns überraschen lassen“, rufen sie und haken nach: „Wo ist denn jetzt das Schick-Areal?“

Das Kunstbiotop hinter den Schrottbergen ist bereits seit einigen Jahren bei der Museumsnacht mit dabei. Dieses Mal scheint es etwas ruhiger zuzugehen als sonst. Ateliers gibt es hier zu sehen, hinzu kommt Bewirtung mit Lagerfeuer-Atmosphäre im Niemandsland. Dagmar Feuerstein präsentiert Kunst aus Beton, selbst die Äpfel, die so lieblich aus einem Korb purzeln, sind aus dem grauen Material. Gerade erklärt sie ihren Gästen das Prinzip der verlorenen Form: Die erlaubt immer nur einen Abguss, wird nach dem Aushärten zerstört, kommt aber ohne komplizierte Passer und Gusskanäle aus. Die Gäste sind verblüfft: „Hätte ich nie gedacht, dass das so aufwendig ist!“

Aber hinterher sieht ja immer alles einfach aus: Auch bei Susanna Messerschmidt, bekannt für ihre taktilen Objekte mit Tentakeln und Fühlern. Sie präsentiert nun auch zweidimensionale Arbeiten, die wie Schaukästen wirken und das knallfarbige See-Getier quasi in seinem natürlichen Habitat zeigen. Durch das Atelier von Uschi Lux driften unterdessen sphärische Klänge – zwischen Werden und Vergehen. Gerade da, wo auch ihre poetischen Kokons aus Papier und Draht verortet sind.

Am 30. März geht es in Feuerbach mit der Kulturnacht weiter

Weiter geht es ins Zuffenhäuser Porschemuseum, das nun sein Zehn-Jahr-Jubiläum feiert. Auf die künstlerische Subkultur folgt kühle Lounge-Atmosphäre, selbst für die Motorenstarts, die in diesem Jahr drinnen stattfinden. Die Kulturgänger vom Anfang werden wohl enttäuscht sein: Die Werkstattführungen entfallen krankheitsbedingt.

Es gibt andere Führungen, ein DJ sorgt für coole Beats und die Discokugel legt bunten Glitzer auf den Chrom. Synchronsprecher Dietmar Wunder, die deutsche Stimme von James Bond-Darsteller Daniel Craig, verliest Reden aus einem Jahrzehnt Porschemuseum. Und man kann sich im 3D-Effekt fotografieren lassen, vor einem Hintergrund mit Museumsbau und Luftballons. Das Konfetti, das sich verirrt, wird sofort zusammengekehrt.

Schließlich führt die Rundtour hinüber in die Mauserstraße zur Feuerbacher Moschee. Während man sich noch zu orientieren versucht, wird man bereits angesprochen: „Sind Sie gerade erst hereingekommen?  Oben beginnt bald eine Tanzvorführung, die Jungs führen Sie hin!“ Danke, sehr freundlich. Dort zeigen Kinder einen Tanz aus Konya, allerliebst, wie kleine Derwische sind sie gekleidet. Sehr zurückhaltend wirkt das, gerade im Vergleich zu den anschließenden temperamentvollen Tänzen und Trachten von der Ägäis.

Im Stundentakt präsentiert man immer andere Tänze und Regionen, und es gibt Moschee-Führungen. Noch ein heißer Tee im Innenhof, dann verklingt die Lange Nacht der Museen, die auf dieser Route wohl so kontrastreich ist wie selten. Wer die Gelegenheit verpasst hat: Die Moschee beteiligt sich mit einem ähnlichen Programm auch an der Feuerbacher Kulturnacht am kommenden Samstag, 30. März.