Schöne Aussichten: Diese Strohballen zeugen von einer guten Ernte. Foto: factum/

Die Landwirte im Kreis Ludwigsburg haben Gerste und Weizen von ihren Feldern geholt. Kommt jetzt noch genug Regen, sind sie glücklich. Bei den Winzern sieht das anders aus. Es gibt aber eine noch viel größere Bedrohung als zu viel Regen im Sommer.

Kreis Ludwigsburg - Pflügen, säen, ernten: Der Gerlinger Landwirt Martin Maisch liebt seinen Beruf. Es sei der schönste, den er sich vorstellen kann. Im Vollerwerb baut der 53-Jährige Getreide und Gemüse an und betreibt einen Hofladen. Seinen Traumberuf verdankt Martin Maisch dem Vater. Der ist gelernter Schreiner, hatte jedoch immer große Freude an der Landwirtschaft. Also baute er einen Hof auf. Diesen übernahm dann der Sohn.

Die gute Ernte macht gelassener

Martin Maischs Traumberuf hat aber auch Schattenseiten. „Einfach war es noch nie“, sagt er. Besonders die vielen Gesetze und zunehmenden Auflagen verderben ihm die Laune, vor allem, weil dies von Menschen gemacht sei. Gelassener nimmt der 53-Jährige das Wetter, das wegen des Klimawandels immer extremer wird. Man denke an die Hitzewellen im Juni und Juli mit neuen Temperaturrekorden und andererseits unterdurchschnittlich kühlen Tagen. „Dürren gab es schon vor 100 Jahren, damit müssen wir klarkommen“, sagt Martin Maisch.

Seine Gelassenheit rührt wohl auch daher, dass die Getreideernte, die nun beendet ist, besser ausfällt als erwartet. Mehr als 80 Doppelzentner Wintergerste und -weizen hat Martin Maisch eingefahren. Letzterer ist mit einem Anteil von 26 Prozent an der Ackerfläche die wichtigste Fruchtart im Land, gefolgt von Mais. „Die Hitze kam dieses Jahr später, erst nach der Kornfüllphase“, sagt Maisch, und im Frühjahr habe es genug geregnet. Ausreichend Niederschlag könne Hitze kompensieren. Dank dieser sei dann alles auf einmal reif geworden.

Landwirte hoffen auf ausreichend Regen

Auch beim Gras und Mais sähe die Lage gut aus. Damit das so bleibt, muss es in den nächsten Wochen allerdings viel regnen, damit sich die Kolben ordentlich füllen und die Maiskörner ausbilden. Die Futterreserven seien aufgebraucht, sagt Maisch, und der Boden habe kein Wasser mehr auf Lager. Die Ernte der ersten Kartoffeln sei deshalb mau: Den Frühsorten war das Frühjahr zu kühl und trocken. Den im Juli und August sehr durstigen Zuckerrüben geht es noch schlechter.

Ohne die extreme Hitze wäre die Ernte eine „Bombenernte“ geworden. So formuliert es Eberhard Zucker. „Nun haben wir eine gute durchschnittliche Ernte mit etwas kleineren Körnern. Wir können zufrieden sein“, sagt der Vorsitzende des Kreisbauernverbands, der keine Kollegen jammern gehört habe. „Nach der ersten Hitze im Juni haben wir gedacht, sie wirke sich stärker aus.“ Hitze und Trockenheit seien große Themen, doch bisher seien die Landwirte zurechtgekommen.

Züchtungen erfordern Geduld

Gleichwohl hoffen die Landwirte auf trockenresistente Züchtungen, wie es sie beim Mais schon gibt. Laut Zucker gibt es bereits Versuche mit Getreidesorten, die Hitze und wenig Wasser besser vertragen. Etwa der stachelige Grannenweizen. Doch Zucker weiß, wie viel Geduld Züchtungen erfordern. Bis dahin müsse man wassersparend wirtschaften, indem man den Boden wenig bearbeite. So bleibe die Feuchtigkeit drin – mehr Unkraut aber auch.

Der Landwirt aus Vaihingen an der Enz prophezeit weitere Veränderungen bei den Kulturpflanzen. So biete das Weinbauklima im Raum Ludwigsburg Sojabohnen gute Bedingungen. „Den Anbau sollten wir weiter forcieren, allein schon, um von Importen unabhängiger zu werden“, meint Eberhard Zucker. Dagegen werde es Raps hier eines Tages nicht mehr geben: Er verträgt Wärme besonders schlecht.

Alles eine Frage der Lage der Lagen

Die Winzer im Landkreis kämpfen je nach der Lage der Reben mit ganz unterschiedlichen Problemen: Sonne verbrennt die Trauben vor allem in Steillagen, zu viel Regen lockt gefräßige Fliegen an, Frost, der sich immer weiter in den Mai schiebt, zerstört die Austriebe.

„Frost ist unsere größte Bedrohung, da es bislang kaum gute technische Lösungen gibt. Alles andere ist händelbar“, meint Götz Reustle, der Vorstand der Besigheimer Felsengartenkellerei. Mittlerweile trieben die Knospen Anfang April aus, vor einigen Jahren sei das noch Ende April gewesen. Letztlich verschiebt sich dadurch auch die Weinlese nach vorne. Das verändert den Geschmack: „Die Typizität des deutschen Weins geht verloren, dessen fruchtige Aromen im September und Oktober entstehen“, sagt Reustle. Von Frost sei die Felsengartenkellerei weniger betroffen, was Götz Reustle auf die Lage der Lagen zurückführt. Er erwartet eine „üppige Ernte“. Gleichwohl sei Sonnenbrand grundsätzlich ein Problem bei Trauben. Da aber hülfen spezielle Maßnahmen an Blättern und Beeren.

Winzer machen das Beste aus den Folgen des Klimawandels

Die Winzer haben sich vorgenommen, das Beste aus den Folgen des Klimawandels zu machen. „Wir versuchen, das Positive zu sehen, etwa die neuen, mediterranen Rebsorten“, sagt Reustle, die würden Hitze gut vertragen. Aber: „Die Vermarktung ist nicht ganz leicht, da solche Weine nicht typisch sind für unsere Region.“

Auch der Gerlinger Winzer Michael Volz rechnet derzeit mit einer guten Ernte. Sorgen hat er trotzdem. „Bis zur Lese kann noch viel passieren, es kann zum Beispiel hageln“, sagt der Winzer mit zwei Hektar Anbaufläche. Aktuell plagt seine Reben der Mehltaupilz. Dieser bildet sich, wenn auf sehr heiße Tage kühle Nächte folgen. „Dieses Jahr ist es extrem“, sagt Michael Volz. Als Biowinzer bleibe ihm nur die Möglichkeit, die Beeren mit Ölen und Salzen zu waschen. Die mühsame Arbeit ist alle vier Tage nötig, bis die Beeren langsam weich werden. Michael Volz zog bereits Konsequenzen und setzt inzwischen auf pilzresistente Sorten.

Auch bei zu viel Regen wird es dem Winzer in dritter Generation bange. „Dann fühlt sich die Kirschessigfliege wohl und legt ihre Eier in die Früchte“, so Volz, der auch Schnaps brennt. Voriges Jahr, als es wenig regnete, habe er „null Befall“ gehabt. Michael Volz sind ein trockener Sommer und Herbst daher lieber.