Die Grünen waren die Gewinner der jüngsten Landtagswahl. Beim Urnengang im nächsten Jahr allerdings werden sie ohne Willi Halder auskommen müssen. Foto: Gottfried Stoppel

Claus Paal (CDU) und Willi Halder (Grüne) wollen bei der Landtagswahl im kommenden Jahr nicht mehr antreten. Die Parteien sind mitten in der Kandidatenfindung. Die meisten wollen ihre Bewerber im Frühjahr nominieren.

Rems-Murr-Kreis - Die Landtagswahl im kommenden Jahr wirft ihre Schatten voraus. Mit Claus Paal (CDU) und Willi Halder (Bündnis 90/Die Grüne) haben bereits zwei amtierende Abgeordnete aus dem Rems-Murr-Kreis überraschend ihren Rückzug aus der aktiven Politik angekündigt: Während der 61-jährige Halder gesundheitliche Gründe für die Entscheidung nennt, will Paal, der auch Präsident der Bezirkskammer der IHK ist, sich wieder voll auf seine Tätigkeit als Unternehmer konzentrieren.

CDU will auch ohne Paal Direktmandate zurückholen

Bis zum Ende der Legislaturperiode werde er im Landtag natürlich noch Vollgas geben, versichert der wirtschaftspolitische Sprecher seiner Partei. Und auch danach werde er sich weiter für die CDU politisch engagieren, sagt Claus Paal. Er sei dankbar und stolz, dass die Partei ihm die Chance gegeben habe, als Quereinsteiger etwas zu bewegen, allerdings sei er auch „von ganzem Herzen Unternehmer“. Der 52-Jährige, der das elterliche Verpackungsmaschinen-Unternehmen 2008 an Bosch verkauft hatte, ist seit drei Jahren wieder in dieser Branche tätig.

Dessen angekündigter Rückzug vom Mandat sei natürlich bedauerlich, sagt der Kreisvorsitzende der CDU, der Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer aus Urbach. Er sei aber sicher, dass ein guter Nachfolger gefunden werde. Ob das der Kernener Kriminalhauptkommissar Christian Gehring ist, der bereits eigene Ambitionen bekannt gegeben hat, lässt Pfeiffer offen. Dieser mache einen „super Job“ im Arbeitskreis Polizei und sei auch einer, dem man den Landtagsjob zutrauen könne. Pfeiffer geht jedoch davon aus, dass es mehrere Bewerber geben werde. Gekürt werden soll der neue im Wahlkreis jedenfalls am 27. März.

Noch früher dran wird man im Wahlkreis Waiblingen sein. Dort soll der Kandidat bereits am 6. Februar nominiert werden. Der bisher einzige ernsthafte Interessent ist laut Pfeiffer der bisherige Abgeordnete, Sigfried Lorek aus Winnenden.

Ebenfalls gesetzt dürfte im Wahlkreis Backnang Wilfried Klenk sein. Der Staatssekretär im Innenministerium aus Oppenweiler verteidigte als einziger das Direktmandat für die CDU, wenngleich auch er gegenüber der Wahl fünf Jahre zuvor erdrutschartige Verluste hinnehmen musste. Das erklärte Ziel von Kreisvorstand Pfeiffer ist klar: „Wir wollen dieses Direktmandat verteidigen und die anderen zwei zurückholen.“

Der Grünen-Vorstand gibt keine Empfehlungen ab

Sein Mandat im traditionell schwarzen Wahlkreis Waiblingen ist schon 2011 eine kleine Sensation gewesen. Fünf Jahre später legte er noch einen drauf: Mit 27,8 Prozent der Stimmen errang Willi Halder für die Grünen das Direktmandat. Und obwohl er davon überzeugt ist, ein „g'mähtes Wiesle“ zu hinterlassen, ist für ihn selbst 2021 Schluss, das hat er auf Nachfrage bestätigt. Er sei gesundheitlich angeschlagen, was sich mit einem erneuten kräftezehrenden Wahlkampf nicht vereinbaren lasse. Brigitte Seiz vom Vorstandsduo des Grünen-Kreisverbands will dennoch einer offiziellen Verkündung nicht vorgreifen. Das gleiche gelte – in welche Richtung auch immer – ebenso für die Abgeordnete Petra Häffner im Wahlkreis Schorndorf. Sie holte dort 2016 ebenfalls das Direktmandat und landete vor dem CDU-Mann Claus Paal. Klar sei hingegen, dass die beiden Backnanger Stadträte Melanie Lang und Willi Härtner ihre Hüte in den Ring werfen wollen. Die Kandidatenkür bei den Grünen solle noch im Frühjahr stattfinden, der Kreisvorstand werde allerdings keine Empfehlungen für bestimmte Persönlichkeiten abgeben, betont Brigitte Seiz.

Haußmann will es für die FDP wieder wissen

Bei den Liberalen will der Kreisvorsitzende Jochen Haußmann aus Kernen sein Mandat für die FDP im Wahlkreis Schorndorf verteidigen – „vorausgesetzt natürlich dass ich nominiert werde“. Das soll nach den Osterferien gemacht werden. Ob unter den weiteren Nominierten auch der zweite Rems-Murr-Abgeordnete der FDP, der frühere Justizminister Ulrich Goll, ist, soll erst in knapp einem Monat bekannt gegeben werden. Am 11. Februar wolle sich Goll in der Kreisvorstandssitzung erklären, so Haußmann. Möglicherweise steht dann auch fest, wer im Wahlkreis Backnang ins Rennen gehen wird. Die Sondierungsgespräche liefen, versichert der Kreisvorsitzende Haußmann, „wir werden auch in Backnang einen Kandidaten haben“.

Noch keine offiziellen Bewerber bei der SPD

Dass etwa die CDU bereits das Kandidatenkarussell angeworfen hat und demnächst Nominierungen vornehmen wird, hält der Kreisvorsitzende der SPD, Jürgen Hestler, für „ziemlich sportlich“. Seine Partei wolle sich erst einmal intern in einer Vorstandssitzung an diesem Montag sortieren und dabei allerdings auch einen Blick auf die Bundestagswahl werfen. Die steht ebenfalls im kommenden Jahr an, wenngleich erst im Herbst.

Der Ausgang in der Landtagswahl 2016 war für die Genossen besonders bitter gewesen, lediglich Gernot Gruber rutschte mit einem Anteil von 15,7 Prozent noch ins Parlament. Seine Kandidatur im Wahlkreis Backnang gilt deshalb als gesetzt, wenngleich Jürgen Hestler eine solche zum jetzigen Zeitpunkt weder bestätigen noch dementieren will. Katrin Altpeter, bis zum jüngsten Wahldebakel immerhin Ministerin sowie langjährige Abgeordnete, stehe im Wahlkreis Waiblingen definitiv nicht mehr zur Verfügung, und auch in Schorndorf ist wohl alles offen.

Bei der AfD ist man „noch nicht so weit“

Bei der „Alternative für Deutschland“ hat man sich mit der Landtagswahl noch nicht tiefgehend beschäftigt. Nominierungstermine seien noch nicht ins Auge gefasst. „Wir sind noch nicht so weit“, sagt der Kreisvorsitzende der AfD, Daniel Lindenschmid. Eine Vorauswahl der Kandidaten durch den Vorstand werde es nicht geben. „Wir sind da basisdemokratischer unterwegs als die anderen Parteien“, sagt Lindenschmid. Und: „Wir haben immer Kandidaten, die sich spontan melden.“ So, wie er selbst: Wenige Stunden nach dem Telefongespräch mit unserer Zeitung schiebt Lindenschmid nach, dass er sich selbst im Wahlkreis Backnang bewerben werde, „weil ich der Überzeugung bin, dass wir für diesen aussichtsreichen Wahlkreis einen Kandidaten benötigen, der erstens – im Gegensatz zum Kandidaten bei der letzten Landtagswahl – dem Kreisverband selbst angehört, zweitens bereits über mehrere Jahre hinweg politische Erfahrung angesammelt hat und drittens den Landtag schon von innen kennt.“

Die Landtagswahl aus Rems-Murr-Kreis-Sicht

Parlament
Die Wahlen zum 17. baden-württembergischen Landtag finden voraussichtlich im März 2021 statt. Vertreten sind im Parlament zurzeit Bündnis/Die Grünen mit 47 Sitzen, CDU (43), SPD (19), AfD (18), FDP (12) sowie vier fraktionslose Abgeordnete.

Kreis
Zurzeit ist der Rems-Murr-Kreis im Parlament mit acht Abgeordneten vertreten. Der neunte, der im Wahlkreis Backnang für die AfD gewählte Jörg Meuthen, hat sein Mandat im Landtag Ende 2017 zugunsten eines Sitzes im Europaparlament niedergelegt.

Ergebnis
2016 gewählt wurden im Wahlkreis Waiblingen: Willi Halder (Grüne) mit 27,8 Prozent der Stimmen, Siegfried Lorek (CDU, 26,2 Prozent) und Ulrich Goll (FDP, 11,4 Prozent). Im Wahlkreis Schorndorf: Petra Häffner (Grüne, 27,1 Prozent), Claus Paal (CDU, 25,8 Prozent) und Jochen Haußmann (FDP, 12,6 Prozent). Im Wahlkreis Backnang: Wilfried Klenk (CDU, 27,7 Prozent), Gernot Gruber (SPD, 15,7 Prozent) und Jörg Meuthen (AfD, 19,7 Prozent).