Das Wohn- und Atelierhaus des Malers Otto Dix (1891-1969) auf der Halbinsel Höri wird künftig als „herausragendes Kunstprojekt“ gefördert. Foto: dpa

Winfried Kretschmann will der fünftgrößten deutschen Stiftung ein klareres Profil verpassen.

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will das Profil der Baden-Württemberg-Stiftung schärfen und künftig nicht mehr „alles und jeden fördern“.

Mit einem Stiftungsvermögen von 2,4 Milliarden Euro rangiert die Baden-Württemberg-Stiftung deutschlandweit auf dem fünften Platz. Problem: In der öffentlichen Wahrnehmung dominieren meist andere, auch kleinere Wohltäter-Einrichtungen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann will das nun ändern und der Landesstiftung ein neues Leitbild verpassen. Künftig werden nur noch Projekte aus den Bereichen Forschung, Bildung und Bürgerbeteiligung bezuschusst. Andere Felder wie Denkmalschutz, Opferschutz, Naturschutz oder Sport bleiben außen vor. Dafür gebe es schon genug eigene Stiftungen, lautete die Begründung der grün-roten Mehrheit im Aufsichtsrat. „Eine Fokussierung auf den Kernbereich verschafft uns mehr Relevanz, auch im Vergleich mit anderen Stiftungen“, sagte Kretschmann nach einer Sitzung des Aufsichtsrats, in dem die künftige Ausrichtung beschlossen wurde.

Bis zuletzt tobte in dem Gremium eine intensive Strategiedebatte. Die Opposition aus CDU und FDP störte sich vor allem daran, dass dem Thema Bürgerbeteiligung – „Kretschmanns Spielwiese“, wie gelästert wird – soziale Projekte zum Opfer fallen.

Bisher floss eine halbe Million Euro in die Gedenkstätte des Malers Dix

Auch die Neuordnung der Richtlinien gefällt nicht jedem. Beispielhaft ging es um die weitere Förderung des Dix-Hauses in Gaienhofen am Bodensee. Bisher floss eine halbe Million Euro in die Gedenkstätte des Malers – aus Gründen des Denkmalschutzes. Mit Denkmalschutz soll ja nun aber Schluss sein. Weil man das Dix-Haus aber unter allen Umständen weiter unterstützen will,definiert man es künftig als „Kunstprojekt von herausragender Bedeutung“.

„Völlig abstrus“, hieß es aus Reihen der Opposition. Damit werde dem Wildwuchs Tür und Tor geöffnet. Dass ausgerechnet Nils Schmid (SPD), als Wirtschafts- und Finanzminister dem Denkmalschutz verpflichtet, der Streichung des Denkmalschutzes aus den Förderrichtlinien zugestimmt habe, beweise, „dass er sich erneut von den Grünen hat vorführen lassen“.

Zehn Millionen weniger als im Vorjahr

Die Summe der Ausschüttungen wird sich in diesem Jahr um zehn auf 30 Millionen Euro reduzieren. Der für den Vermögensbereich zuständige Geschäftsführer Walter Leibold begründete den Einbruch mit der schlechten Zinsentwicklung. „Keiner weiß, wo er heute noch Geld anlegen soll.“ Um unabhängiger vom Kapitalmarkt zu werden, will man in Zukunft verstärkt auf das Immobiliengeschäft setzen. Dies sei mit weniger Risiko verbunden, erläuterte Leibold. „Wir wollen auch künftig nicht über unsere Verhältnisse leben.“

Dass es mit der Stiftung überhaupt weitergeht, steht seit gestern ebenfalls fest. Grün-Rot hat das Stiftungsmodell einer gründlichen Prüfung unterzogen. Ergebnis: Eine Auflösung würde zu viel Geld kosten. Auf bis zu 660 Millionen Euro bezifferte Nils Schmid die möglichen Steuernachzahlungen. Vor 2017/2018 wird eine Auflösung der Stiftung kein Thema mehr sein, versicherte der Minister. Bis dahin hätte sich die Steuernachzahlung auf etwa ein Drittel reduziert. Auch politisch ist man wohl zu dem Schluss gekommen, dass man es am besten beim Alten belässt. Schließlich verteilt jede Regierung gerne Wohltaten.