Der Landtag entscheidet, wofür die Einnahmen des Landes ausgegeben werden Foto: dpa/Tom Weller

Die Mehreinnahmen des Landes von fast zwei Milliarden Euro bis Ende 2021 bescheren Grünen und CDU derzeit viel Arbeit. An diesem Freitag will die Haushaltskommission entscheiden.

Stuttgart - Vom nächsten Mittwoch an berät der Finanzausschuss des Landtags über den Doppelhaushalt 2020/21, und dann muss auch geklärt sein, wofür die Extraeinnahmen verwendet werden. Im Entwurf des Haushaltsplans von Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne), der ein Volumen von insgesamt 102,5 Milliarden Euro hat, sind diese nämlich noch nicht verbucht. Sitzmanns Vorschlag an die Haushaltskommission, eine Milliarde für Haushaltsrisiken zurückzulegen, lehnte die CDU ab. Die Einnahmen müssten genutzt werden, um politisch zu gestalten, erklärte CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart.

In der Nacht zum Donnerstag einigte sich die Haushaltskommission nun auf Rück-lagen in Höhe von 800 Millionen Euro. Jeweils 300 Millionen Euro sollen für die Bereiche Klima- und Artenschutz sowie Forschung und Innovation reserviert werden, weitere 300 Milliarden stehen für zusätzliche Vorhaben zur Verfügung.

Mehr Geld für Behinderte und Flüchtlinge

Ein schwieriges Thema sind die Finanzbeziehungen mit den Kommunen. Im Oktober waren die Gespräche ohne Ergebnisse beendet worden, weil sich die beiden Seiten nicht einigen konnten. Das Land hatte für die Kommunen insgesamt 566 Millionen Euro vorgesehen – unter anderem für die Unterbringung Geduldeter sowie das Bundesteilhabegesetz. Die Kommunen hingegen forderten, dass das Land die Mehrkosten für Menschen mit Behinderungen komplett übernimmt, die aufgrund des Bundesteilhabegesetzes entstehen, und dass es mehr Geld für die Unterbringung von geduldeten Flüchtlingen bereitstellt.

Land und Kommunen haben in den vergangenen beiden Tagen vergeblich versucht, ihre Differenzen auszuräumen. Es geht dabei auch noch um Krankenhausinvestitionen, die Sanierung von Schulen und die Integration von Flüchtlingen. Die CDU-Fraktion plädiert nun dafür, die Summe für Behinderte auf 120 bis 130 Millionen Euro zu erhöhen und das Geld den Stadt- und Landkreisen abschlagsweise zur Verfügung zu stellen. Nach zwei Jahren soll dann spitz abgerechnet werden. Um die notwendige Planungssicherheit für die Kostenträger und Leistungserbringer zu erreichen, müssen im Rahmen einer Verständigung der Kreise mit dem Sozialministerium rasch die Kriterien festgelegt werden, welche konkreten Leistungen und Kosten erstattungsfähig sind.

Kommunen fordern dauerhafte Regelung

Auch die Zuschüsse für die Unterbringung geduldeter Flüchtlinge sollen erhöht werden, im Gespräch sind bis zu 175 Millionen Euro. Bisher sind dafür im Haushalt 150 Millionen Euro vorgesehen. „Uns ist wichtig, dass wir die kritischen Punkte abräumen, uns einigen und sich beide Seiten wieder auf ihre Aufgaben konzentrieren“, sagte CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart.

Die Kommunen wollen allerdings von den übrigen Forderungen nicht abrücken. Ohnehin halten die Kommunalvertreter wenig von Einmalzahlungen. Der Präsident des Landkreistags, der Tübinger Landrat Joachim Walter, machte deshalb seinem Unmut Luft: „Es genügt nicht, lediglich Mittel in den Haushalt einzustellen“, sagte er unserer Zeitung. „Wir brauchen nachhaltige Lösungen, damit die Kommunen dauerhaft ihre Aufgaben im Bereich der Flüchtlingsversorgung und für die Menschen mit Behinderungen erfüllen können.“ Die Landkreise, Städte und Gemeinden brauchten bei der Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben Planungssicherheit – durch klare gesetzliche Regelungen und über den Wahltag hinaus. Walter: „Wir hoffen, dass die Gespräche, die wir derzeit mit den Regierungsfraktionen führen, den Boden für ein politische Verständigung bereiten. Das Tischtuch zwischen Land und Kommunen darf nicht zerrissen werden.“

Streit und Klimastiftung

Vor allem auf Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) ist Walter derzeit nicht gut zu sprechen: „Weil die Finanzministerin meinte, auf eine saubere Vorbereitung der Finanzverhandlungen verzichten zu können, müssen jetzt unter extremem Zeitdruck Lösungen gesucht werden.“ Dabei sei von Anfang an klar gewesen, dass am 2. Januar 2020 die Menschen mit Behinderungen zu Recht vor der Tür stehen werden, um ihre neuen Leistungsansprüche einzufordern.

Für Grüne und CDU ist das nur eine von vielen Baustellen. Mit den Extrageldern für den Klimaschutz möchte die CDU unter anderem eine Klimaschutzstiftung einrichten, die Grünen halten davon wenig. Das Geld solle besser in konkrete Vorhaben wie den Öffentlichen Nahverkehr, Radwege, Technologieforschung und mehr ökologischen Landbau gesteckt werden, erklärte die finanzpolitische Sprecherin, Thekla Walker. An diesem Freitag trifft sich die Haushaltskommission erneut. Dann soll endgültig entschieden werden, wofür in den nächsten zwei Jahren die Mehreinnahmen ausgegeben werden.