Die Dokumente in der Landesbibliothek Foto: Lichtgut/Piechowski

Verzögerungen und böse Überraschungen machen den Leitern der Württembergischen Landesbibliothek bei den Bauarbeiten an Erweiterungs- und Altbau zu schaffen. Ihre größte Sorge gilt im Moment jedoch dem Brandschutz.

Stuttgart - Hannsjörg Kowark, Direktor der Württembergischen Landesbibliothek (WLB), hat ein dickes Fell. Das braucht er auch. Nicht nur, dass es beim Erweiterungsbau an der Konrad-Adenauer-Straße weitere Verzögerungen gibt und noch kein Konzept für die Sanierung des Altbaus vorliegt. Nicht nur, dass an immer wieder neuen Stellen Wasser ins Magazin einbricht. Jetzt ist auch noch eine Brandschutz-Überprüfung für den 70er-Jahre-Bau in Auftrag gegeben. Und deren Ausgang ist mehr als ungewiss.

„Im Bestandsgebäude der Landesbibliothek wird die Brandverhütungsschau durch einen von der Stadt beauftragten, privaten Sachverständigen erfolgen. Der Auftrag dazu wurde Anfang letzter Woche verschickt“, teilte ein Sprecher der Stadt mit. Das Büro stimme einen Prüfungstermin mit dem Landesbetrieb Vermögen und Bau ab, der gemäß der Beauftragung in 2017 liegen müsse.

Diesem Termin schauen Kowark und seine Stellvertreterin Martina Lüll mit einer gewissen Sorge entgegen. Schon lange mahnt der Direktor, dass der Brandschutz bereits bei Inbetriebnahme des Betonbaus Anfang der 1970er Jahre etwas veraltet gewesen sei. Kosten für Brandmeldeanlage, Brandabschnitte und Brandschutztüren machen einen erheblichen Teil der geschätzten 40 bis 50 Millionen Euro Sanierungskosten aus. Sorgen haben Kowark und Lüll, dass es der WLB ähnlich ergehen könnte wie dem Fernsehturm und sie nach der Überprüfung kurzerhand geschlossen wird.

Dann wird es für die Bibliotheksleitung doppelt ärgerlich, dass auch der Neubau mittlerweile rund ein Jahr hinter dem Zeitplan liegt. Anfangs war mal von einer Inbetriebnahme Ende 2017/Anfang 2018 die Rede. Inzwischen wird laut Kowark von Anfang 2019 ausgegangen. „Ich rechne eigentlich nicht vor Herbst 2019 damit“, sagt er.

Das Finanzministerium als Hausherr der Bibliothek bestätigt, dass man aktuell weiter hinter den Zeitplan zurückgefallen sei. „Wetterbedingt, vor allem im Januar und Februar, und durch nicht termingerechte Lieferungen von Fertigbauteilen für den Rohbau kam es zu Terminverzögerungen“, schreibt eine Sprecherin. Sie geht jedoch davon aus, dass diese „voraussichtlich kompensiert“ werden können.

Ein Konzept für die Sanierung des 47 Jahre alten Bestandbaus lässt derweil weiter auf sich warten. Nach mehreren Terminverschiebungen ist es laut Ministerium jetzt für Herbst 2017 angekündigt. War Kowark schon früher kein Fan von einer kleckerweisen Sanierung über sechs bis acht Jahre, so scheint ihm diese nach der aufwendigen Bodensanierung in den ersten drei Archivabschnitten und den Arbeiten im Zeitschriftenarchiv mit seiner doch sehr veralteten Technik inzwischen regelrecht undenkbar.

Zudem werde die Salamitaktik unterm Strich deutlich teurer, als wenn man das alte Gebäude in einem Rutsch innerhalb von zwei Jahren saniere. Im Neubau würden dabei vor allem Besucher-Arbeitsplätze wegfallen, der Betrieb werde sonst nicht sehr verkompliziert, sagt der Direktor. Es könne nötig werden, Bücher in der Tiefgarage zwischenzulagern, wodurch diese für zwei weitere Jahre nicht genutzt werden könne.

Während die Leitung der Landesbibliothek weiter über das Sanierungskonzept nachdenkt, wird sie immer wieder von bösen Überraschungen heimgesucht. So hat sich jetzt herausgestellt, dass neben dem Magazinboden auch die Dichtgummis der Lüftungsrohre asbestbelastet sind. Sie müssten alle ausgetauscht werden – und dann wohl die alten Rohre gleich mit, sagt Kowark.

Vor wenigen Tagen ist erneut Wasser ins Archiv eingebrochen. Wegen Schadstoffen in den Dehnungsfugen im früheren Zeitungsarchiv waren diese Fugen freigekratzt worden. Als dort dann schwere Betonstützen unter Wasserkühlung abgesägt wurden, sickerte die schlammige Brühe ins drunterliegende Archiv. „Diesmal hat es Pflichtexemplare getroffen“, berichtet Martina Lüll – Bücher aus Württemberg, die die Bibliothek aus Chronistenpflicht verwahren muss. Schon durch die Wassereinbrüche im Winter seien rund 40 000 Euro Schaden entstanden.

Beim Erweiterungsbau fehlt jetzt noch ein Geschoss, und dann kommt das aufwendige Sheddach drauf. Wann Richtfest ist, wagt Kowark nicht vorherzusagen. Sicher sei aber, dass es mit dem Neubau stetig vorangehe. Wenn man ihn als Ausweichfläche mit nutzen wolle, um den Altbau in einem Rutsch zu sanieren, brauche es bald eine Entscheidung für das entsprechende Konzept. Zudem müsse das Geld im Doppelhaushalt 2020/2021 bereitgestellt werden. Kopfschüttelnd sagt er: „Die Zeit läuft uns davon, man macht sich Optionen kaputt. Das ist schwer nachvollziehbar.“