Jetzt wird er gerichtet: Kabarettist Christoph Sonntag beim jährlichen Levitenlesen. Die Veranstaltung, bislang ein Pflichttermin für die Landesregierung, heißt „Das jüngste Ger(i)ücht“ Foto:  

Der Kabarettist Christoph Sonntag geht gerade durch eine schwere Zeit: Seine Noch-Ehefrau erhebt schwere Vorwürfe und auch sein Duzfreund Manfred Lucha geht auf Distanz: Der Sozialminister zweifelt plötzlich an dem Demokratie-Projekt, für das er 211 000 Euro an Fördergeldern gewährte.

Stuttgart - In der Affäre um möglicherweise veruntreute Fördergelder geht Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) zu seinem Duzfreund Christoph Sonntag auf Distanz. Sein Ministerium prüfe auch mögliche Rückforderungsansprüche gegenüber der „Stiphtung“ des Kabarettisten, teilte Lucha auf Anfrage der FDP mit. Zudem habe es entgegen der Behauptung von Sonntag keine Zusage von ihm für eine Verlängerung des Projekts gegeben.

FDP droht mit Untersuchungsausschuss

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke reagierte skeptisch: „Der Sozialminister will mit der Antwort offensichtlich seine Männerfreundschaft zu Christoph Sonntag beenden und kleinreden“, erklärte er am Donnerstag gegenüber unserer Zeitung. Rülke vermisst jeglichen Beleg für die Behauptung des Ministeriums, das Land sei selbst auf „mögliche Ungereimtheiten“ gestoßen. Wenn Herr Lucha nicht auskunftsfreudiger werde, „dann müssen wir eben über einen Untersuchungsausschuss nachdenken“, so Rülke. Sonntags Noch-Ehefrau, von der er seit April getrennt lebt, wirft dem Stuttgarter Kabarettisten unter anderem vor, Gelder des Sozialministeriums mit Hilfe seiner „Stiphtung“ veruntreut zu haben. Sozialminister Lucha soll die Landesförderung (211 000 Euro) erst ermöglicht haben.

Ministerium will streng geprüft haben

Das Ministerium nannte in der Regierungsantwort erstmals Details, was seine Prüfbemühungen angeht. Demnach hat „die Leitungsebene des Ministeriums“ am 13. Februar diesen Jahres eine Prüfung des Verlängerungsersuchens von Sonntag und der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) veranlasst. Sowohl Sonntag als auch die LpB hatten sich intern zuvor massiv dafür eingesetzt, das Demokratie-Projekt ein weiteres Jahr fortzusetzen, das vom Sozialministerium finanziert wurde. Auf Aufforderung habe die Landeszentrale dann dem Ministerium Details der Umsetzung des Projekts vorgelegt, so Lucha in seiner Regierungsantwort. Die Details haben dem Ministerium demnach nicht gefallen. Entgegen der Vereinbarung sei zu wenig außerschulische Demokratiebildung erfolgt und zu viel schulische (für die das Kultusministerium zuständig wäre). Außerdem ist dem Ministerium offenbar aufgefallen, dass Sonntag einen Teil der Zuwendung (angeblich 50 000 Euro) an die Firma seiner Frau weitergeleitet hat. Die Fachabteilung habe daher mit Vermerk vom 8. März von einer Fortsetzung des Projekts abgeraten, die Leitungsebene des Ministeriums habe daraufhin eine „umfassende Prüfung“ der Projektabwicklung angeordnet.

Presse-Anfrage als Weckruf?

Wie schwer und umfangreich die Vorwürfe gegen den Kabarettisten sind, war dem Sozialminister spätestens am 27. Juni bekannt. Damals ging eine Mail bei ihm ein, in der sowohl Sonntags Schwiegermutter als auch der Scheidungsanwalt seiner Noch-Ehefrau dem Kabarettisten relativ detailliert jahrelange Untreue und Betrug vorwerfen. Wie das Sozialministerium nun in seiner Antwort einräumte, leitete es dieses Schreiben erst rund zwei Wochen später, nämlich am 11. Juli, an die Stuttgarter Staatsanwaltschaft zur Prüfung weiter. Einen Tag vorher, am 10. Juli, hatten die „Stuttgarter Nachrichten“ das Ministerium erstmals mit den Vorwürfen konfrontiert und um eine Stellungnahme gebeten.