Bis auf Weiteres geschlossen: der Gärtringer Schlachthof Foto: dpa/Christoph Schmidt

In Gärtringen finden in nächster Zeit keine Schlachtungen mehr statt. Die Betreiber arbeiten an einem neuen Konzept. Die Landwirte und Metzger weichen auf andere Betriebe aus – kritisieren aber lange Anfahrtswege, die auch nicht im Sinne des Tierwohls seien.

Gärtringen - Der Gärtringer Schlachthof im Kreis Böblingen bleibt für längere Zeit geschlossen. Vor knapp zwei Wochen ist der Betrieb dort eingestellt worden, nachdem Tierschützer Videos über Missstände und Tierquälereien in dem Betrieb veröffentlicht hatten. Ziel des Schlachthofs sei es, „die baulichen Mängel vor einer erneuten Inbetriebnahme zu beseitigen und die regionale Vermarktung und das Tierwohl zu stärken“, teilt das Böblinger Landratsamt mit. Deshalb dürfte mit einem Neustart eher in einigen Monaten als in wenigen Wochen zu rechnen sein, heißt es in der Mitteilung.

Ein grundlegend neues Konzept wird erarbeitet

In einer längeren Schließung sieht der Landrat Roland Bernhard die Chance, ein grundlegend neues Konzept zu erarbeiten und echte Verbesserungen zu erreichen. Wilhelm Dengler, der Vorsitzende der Genossenschaft, hat der Kreisbehörde jetzt erste Überlegungen zur Wiederinbetriebnahme des Schlachthofs vorgelegt. Um was genau es sich dabei handelt, wurde noch nicht bekannt gegeben. Die Pläne sollen erst mit den Mitgliedern der Genossenschaft beraten und dann dessen Umsetzung beschlossen werden. Neben einem modernen Konzept sollen auch neue Verantwortliche „einen glaubwürdigen Neustart“ ermöglichen. Einige Landwirte und Metzger hatten zunächst die sofortige Wiedereröffnung des Schlachtbetriebs unter Auflagen gefordert – um die regionale Verarbeitung ihres Fleisches weiterhin zu ermöglichen. Mit den geplanten Veränderungen solle sichergestellt werden, „dass ein menschliches Fehlverhalten künftig so gut wie möglich ausgeschlossen wird, um damit das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen“, teilt Landrat Bernhard mit.

Auf dem Video waren Mitarbeiter zu sehen, die massiv Gewalt gegen Schweine und Rinder ausübten. Umgebaut werden soll im Schlachthof beispielsweise der Zutrieb. Dabei handelt es sich um eine als zu steil geltende Rampe, über die die Tiere ins Gebäude gelangen.

Stundenlang auf der Straße ist nicht im Sinne des Tierwohls

Wilhelm Dengler berichtete außerdem, dass die betroffenen Metzger und Landwirte für die Übergangszeit bei anderen Schlachtbetrieben Interimslösungen gefunden haben. „Diese sollen aber nicht auf Dauer sein“, heißt es in der Mitteilung. Der Leonberger Landwirt Hans-Georg Schwarz brachte seine Rinder zu einem Schlachthof im Schwarzwald, der 65 Kilometer weit entfernt liegt. Dass die Tieren nun stundenlang im Anhänger ausharren müssten, sei „alles andere als Tierwohl“, sagte er wenige Tage nach Schließung des Schlachthofs. In Gärtringen sind in der Woche etwa 800 Schweine, sieben Rinder und 80 Lämmer getötet worden. Der Lohnbetrieb wurde von jeweils 60 Metzgereien und Landwirten genutzt.

Parallel dazu ist das Landratsamt derzeit dabei, das Videomaterial der Soko Tierschutz auszuwerten, die die Kameras in Gärtringen installiert hatte. Die Aufnahmen sollen „sehr genau geprüft werden“, erklärte Dusan Minic, der Sprecher des Landratsamtes. Neben zwei Veterinären des Landratsamtes wurde auch ein externer Sachverständiger eingeschaltet. „Sobald dazu erste Ergebnisse vorliegen, werden Konsequenzen gezogen, sollte dies notwendig sein.“ Dies werde aber noch einige Tage in Anspruch nehmen. Landrat Bernhard bittet deshalb „noch um Geduld und darum von voreiligen Schlüssen abzusehen.“