Von Kasachstan zum EM-Titel: Bundestrainer Joachim Löw zeigt seiner Mannschaft den langen Weg Foto: dpa

Bundestrainer Löw will sein junges Team zu einem EM-Favoriten formen: "Habe noch viel vor".

Astana - Es ist noch gar nicht lange her, da wurde darüber diskutiert, ob Joachim Löw nicht schon wieder genug hat vom Job als Deutschlands ranghöchster Fußballtrainer. Ausgelaugt sei er, hieß es, und auch amtsmüde. Wer den Bundestrainer am vergangenen Freitag aber in und außerhalb seiner Coachingzone im Berliner Olympiastadion erlebt hatte, der konnte vieles erkennen - Müdigkeit aber nicht.

Wie emotionsgeladen Löw seinen Beruf ausübt, war besonders in einer Szene gut zu beobachten: Als Lukas Podolski im Spiel gegen die Türken aus gut zehn Metern das leere Tor verfehlt hatte, wurde Löw zum Rumpelstilzchen. Er schrie, er fuchtelte mit den Armen, er rannte hinter seine Trainerbank, und er drosch wütend auf einen Ball ein. "Ich musste mich abreagieren", sagte er hinterher und erklärte, was ohnehin jeder gesehen hatte: "Ich bin voll motiviert und voller Energie, um mit dieser Mannschaft noch Großes zu erreichen."

Mannschaft bleibt im deutschen Rhythmus

Platz zwei bei der EM 2008 und Rang drei bei der WM in Südafrika sind zwar schöne Erfolge und Zeichen der Qualität von Löws Arbeit. Was allerdings fehlt, ist die Krönung - ein Titel also. Und so hatte der Coach nach dem Ende des Turniers in Südafrika schnell seinen Elan wiedergefunden, verlängerte seinen Vertrag bis 2012 und steuert nun auf direktem Weg in Richtung der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. "Ich habe mit dieser jungen Mannschaft noch unheimlich viel vor", sagt Löw, "dieses Team hat trotz der guten Vorstellungen in Südafrika noch lange nicht seinen Zenit erreicht." Und so soll die Partie der EM-Qualifikation heute (19 Uhr/ZDF) in Kasachstan nur ein weiterer kleiner Schritt sein, wenn es darum geht, ganz Großes zu leisten.

In Astana erwartet die DFB-Elf zwar ein vermeintlich leichter Gegner, allein die Umstände sind aber alles andere als einfach. Die Anreise dauerte mehr als fünf Stunden, gespielt wird auf Kunstrasen, und die Zeitverschiebung gilt es auch noch wegzustecken - wobei sich das deutsche Team darauf gar nicht einlassen will. Die Mannschaft stellte die Uhren gar nicht um und versucht, im deutschen Rhythmus zu bleiben. "In dieser kurzen Zeit stellt sich der Körper nicht um", sagt DFB-Arzt Tim Meyer.

Umstellungen plant auch Joachim Löw nicht. Zumindest vorerst. Über den Einsatz des angeschlagenen Mesut Özil will der Bundestrainer heute entscheiden. Özil absolvierte zwar das Abschlusstraining, DFB-Teammanager Oliver Bierhoff sprach später aber von "leichten Problemen". Ansonsten soll gegen die vom deutschen Trainer Bernd Storck betreuten Kasachen aber die Elf beginnen, die auch beim 3:0 über die Türkei beim Anpfiff auf dem Feld stand. Das Ziel ist klar: "Wir müssen gewinnen", sagt Löw.