Immer wieder stehen herkömmliche Autos an Ladestationen die dort nichts verloren haben. Im absoluten Halteverbot können sie abgeschleppt werden. Foto: Michael Steinert/Martin Haar

Bisher halten Autofahrer das Parken an Elektroladesäulen in der Stuttgarter Innenstadt für ein Kavaliersdelikt. Nun vereinheitlicht die Stadt die Beschilderung an den Ladesäulen, um Falschparker von Elektroparkplätzen abschleppen zu können.

Stuttgart - Ein Parkplatz in der Innenstadt ist für viele Stuttgarter Gold wert, wie die Debatte um den kommenden Abbau der öffentliche Plätzen zeigt. Der Handel schreit Zeter und Mordio. Die Markthallen-Betreiber sammeln Unterschriften für den Erhalt der Plätze in der Dorotheenstraße und der gemeine Autofahrer schaltet bei der Suche um ein rares Plätzchen schon gerne mal in den Kampfmodus. Die Stimmung ist entsprechend aufgeheizt. Der Frust wächst.

Ein Abbild dieses ungewöhnlichen Verteilungskampfes ist täglich in der Eberhardstraße zu beobachten. Dort ist der begehrte öffentliche Parkraum besonders knapp. Insgesamt stehen von 19 nur neun Parkplätze zur freien Verfügung. Acht sind für Menschen mit Behinderung reserviert. Zwei für Elektrofahrzeuge, die an einer der Ladesäulen der EnBW Strom tanken. Doch gerade diese beiden Plätze werde allzu oft zweckentfremdet.

Muntere Debatten

Die Folgen sind muntere Debatten zwischen Verbrennungsmotor-Fahrern und Elektro-Mobilisten. Die Dialoge klingen so: „Sie stehen auf einem Elektroladeplatz.“ – „Echt!? Hab‘ ich nicht gesehen. Sorry.“ – „Ja, stellen Sie sich vor, Sie erreichen mit dem letzten Tropfen Benzin eine Tankstelle, aber alle Zapfsäulen sind zugeparkt. Was würden Sie dann denken?“

Die Episode zeigt zweierlei: Es fehlt einerseits an Unrechtsbewusstsein, andererseits lohnt sich das vermeintliche Kavaliersdelikt. Der städtische Vollzugsdienst ahndet das Vergehen zunächst nur mit 15 Euro. Die Buße kann sich im Laufe des Tages zwar noch erhöhen, aber prinzipiell kommt der Autofahrer, wenn er überhaupt aufgeschrieben wird, relativ günstig davon. Obwohl er sich, wie das Beispiel Eberhardstraße zeigt, auf einer Fläche mit absolutem Halteverbot parkt.

Noch weniger abschreckender sind jedoch die Hinweise an den meisten Ladestationen in der Stadt. Dort steht lediglich ein Parkplatzschild mit dem Hinweis: „Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs.“ Auch hier wird ein Strafzettel in Höhe von 15 Euro fällig.

„Die Sanktionierung ist furchtbar schwach und wirkt nicht abschreckend“, sagt Edgar Riester vom Ordnungsamt und macht klar, was sich der Gesetzgeber grundsätzlich bei diesen Parkflächen gedacht hat: „Dies wird nicht als eine Privileg für E-Autofahrer gesehen, sondern als Prävention.“ Man will dem Fall vorbeugen, bei dem ein Elektrofahrzeug, beispielsweise in einem Tunnel, liegen bleibt.

Künftig Absolute-Halteverbots-Schilder

Da Edgar Riester und das Ordnungsamt nicht davon ausgehen, dass sich die Parkmoral an Ladesäulen schlagartig ändert, ergreift die Stadt nun Maßnahmen. In Zukunft sollen alle blauen Parkschilder durch Absolute-Halteverbots-Schilder ersetzt werden. „Damit haben wir die Möglichkeit abzuschleppen“, sagt Riester.

Gerade in der Innenstadt macht die Verkehrsbehörde immer öfter von diesem Recht an Ladesäulen Gebrauch. Allerdings wünschte sich Edgar Riester noch mehr Abschleppaktionen an Ladesäulen, schließlich müsse der Umbau des Verkehrs von Verbrennungsmotor hin zu Elektromobilität entsprechend von der Stadt begleitet werden.

Doch im großen Rahmen kann das seine Behörde nicht leisten. „Wir bräuchten eigentlich ein Heer von Leuten, weil das Heer der Verkehrssünder groß ist“, sagt Riester. Allein der zeitliche Aufwand für eine Abschleppaktion liege bei 45 Minuten. Das binde Kräfte der mobilen Eingreiftruppe, die anderswo in der Stadt gebraucht werden. „Der Grund liegt wieder einmal darin“, sagt Riester, „dass sich die Polizei immer weiter aus diesen Bereichen zurückzieht.“ Mehr noch: Nicht selten parken sogar selbst die Einsatzfahrzeuge der Polizei an den Ladesäulen auf der Theo. Ein Parkplatz in der City ist eben Gold wert.