Hasan Brunnenkant vom „Zeitlos“ hat den Kampf gegen die Großen satt. Foto: Martin Haar

Der vom Inhaber geführte Herrenausstatter „Zeitlos“ im Königsbau schließt Ende Februar. Die Gründe: der zunehmende Online-Handel, 30 Prozent Frequenzrückgang auf der Königstraße sowie die vielen Baustellen in der Stadt.

Stuttgart - Und wieder einer. Erneut schließt ein vom Inhaber geführtes Einzelhandelsgeschäft in der Innenstadt. Hasan Brunnenkant (40) will diesen aussichtslosen Kampf gegen Filialisten, Einkaufscenter und den Online-Handel nicht länger führen. Ende Februar wird er sein Herrenausstattungs-Geschäft „Zeitlos“ im Königsbau ein letztes Mal abschließen. „Aber ich will mich nicht sang- und klanglos von meinen Kunden verabschieden“, sagt der Kaufmann. „Ich will, dass die Leute wissen, dass sie mit ihrem Einkaufsverhalten diesen Trend stoppen können.“ Er meint den Trend zu Zalando, Amazon und anderen Online-Versandhändlern.

Dieser Trend, seine Waren bequem – und womöglich auch günstiger – per Mausklick zu ordern, wird aus seiner Sicht in absehbarer Zeit zu einem totalen Wandel in der City führen: „In wenigen Jahren wird es keinen Fachhandel mehr geben.“ Hasan Brunnenkant scheint zu wissen, wovon er spricht. Denn seit er seinen Laden an der Königstraße 28 am 2. April 2008 eröffnet hat, ist nichts mehr wie es war. Er schätzt, dass in dieser Zeit die Kundenfrequenz auf der Königstraße um ein Drittel gesunken ist. Allerdings sei dies nicht nur dem Online-Handel geschuldet. Grund sei der immense Zuwachs an Verkaufsfläche. Die Einkaufscenter Milaneo und Gerber seien nicht gerade von Vorteil für den Handel auf der Königstraße gewesen. Jeder weiß es: Die Kaufkraft pro Quadratmeter Handelsfläche ist damit kleiner geworden. Jeder kann den Euro eben nur einmal ausgeben.

Der Handel hat es in der Stadt schwer

Brunnenkant mag nicht lamentieren. Aber bevor er, „mit wehenden Fahnen untergeht“, will er lieber die Notbremse ziehen. Auch weil es in dieser Stadt für den Handel besonders schwer sei. „Das Reinkommen in die Stadt ist enorm schwer geworden“, sagt er. „Die großen Baumaßnahmen machen die Einfallstore jeweils zu einem Nadelöhr.“

Auch das Projekt Stuttgart 21 – die Riesenbaustelle – hätte ihren Anteil an dieser Misere. Ebenso wie die zahlreichen Feindstaubalarme, die fehlende Verkehrsleit- und Parkleitführung, die 40er-Zonen sowie der unzuverlässige, zu teure und mangelhaft ausgebaute ÖPNV. „Die Kunden scheuen den Weg in die Stadt. Das spielt dem Online-Handel natürlich zusätzlich in die Karten und drückt den Umsatz“, sagt Brunnenkant, dessen drei Mitarbeiter wohl bei anderen Fachhändlern unterkommen.

Übrigens: Nicht nur Händler beklagen die Situation. Unlängst hat auch Christiane Lange, die Direktorin der Staatsgalerie, SOS gefunkt. Sie fürchten einen Einbruch der Besucherzahlen. Aufgrund der vielen Baustellen sei ihr Haus fußläufig kaum noch zu erreichen. Ganz gleich aus welcher Himmelsrichtung man die Staatsgalerie ansteuere.

Selbst die günstige Miete half nicht weiter

Für Hasan Brunnenkant ist daher klar: „Ich kann unter diesen Bedingungen nicht weitermachen.“ Auch wenn seine Kunden ihn bereits bedrängen und zum Bleiben auffordern. In seinem Fall wäre es unter Umständen sogar noch möglich gewesen, den Kampf weiterzuführen. Denn Hasan Brunnenkant hat im Vergleich zu den Konkurrenten auf der Königstraße einen kleinen Wettbewerbsvorteil. Sein Vermieter ist kein auf Gewinnmaximierung ausgerichteter Immobilienriese. Er zahlt die Miete für seinen 65 Quadratmeter großen Laden an das Land Baden-Württemberg. „Das Land ist ein sehr entgegenkommender Vermieter“ sagt er, verschweigt aber den konkreten Quadratmeterpreis: „Er liegt jedenfalls unter den Vergleichsmieten auf der Königstraße.“

Im Einzelhandel dürfte sein Fall daher für Gesprächsstoff sorgen. Denn wenn schon in einer 1 A-Lage zu moderaten Mietpreisen kein auskömmliches Wirtschaften mehr möglich ist, scheint es nur eine Frage der Zeit, bis es heißt: Und wieder einer.