„Wir wollen“, sagt Klaus Gerrit Friese, Vorsitzender der Stiftung Dieter Krieg, „Museen Handlungsräume eröffnen.“ An diesem Freitag vergibt die Stiftung den Krieg-Preis an das Kunstmuseum Stuttgart. Das Preisgeld von 15 000 Euro setzt das Kunstmuseum für den Ankauf eines Werkes von Thomas Grünfeld ein.

Stuttgart - Immer weiter steigende Preise auf dem Kunstmarkt, immer mehr Anforderungen generationsübergreifender und sozial spezifischer Vermittlungsarbeit, immer drängendere Fragen der Politik nach Kosten und Besucherzahlen: Öffentliche Kunstmuseen sehen sich in diesen Tagen mit vielerlei Unwägbarkeiten konfrontiert. Eines der drängendsten Probleme: der geringe Spielraum, um die Sammlungen – Erinnerungsraum der jeweiligen Gegenwart – weiterentwickeln zu können.

Hier setzt der vor drei Jahren erstmals vergebene Preis der Stiftung Dieter Krieg an. Der Düsseldorfer Maler Dieter Krieg hatte die Stiftung 2003 gegründet – zwei Jahre vor seinem Tod. Krieg, der Ende der 1950er Jahre aus der Klasse des Holzschneiders und Malers HAP Grieshaber heraus mit Horst Antes, Heinz Schanz und Walter Stöhrer an der Karlsruher Kunstakademie den Aufbruch zur Neuen Figuration mitgestaltete, hatte sich als Künstler wie als Professor für Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie früh für die Fragen der Organisation von Kunstmuseen interessiert.

15 000 Euro übergibt die Stiftung Krieg an diesem Freitag an das Kunstmuseum Stuttgart. „Die Stiftung Dieter Krieg hat allen Malern herzlichen Dank als Preis konzipiert“, sagt Klaus Gerrit Friese den Stuttgarter Nachrichten, „weil der Name des Preises die Arbeit Kriegs so einleuchtend repräsentiert und weil die Form der Vergabe seiner Idee von Kunst so nahekommt.“ Friese, als Galerist jüngst von Stuttgart nach Berlin gezogen, weiter: „Allen Malern herzlichen Dank – die Lesung des gesamten Künstlerlexikons Thieme Becker, die 147 Stunden dauert, schließt, um nur zwei Professionen zu nennen, die Architekten und Bildhauer selbstredend mit ein, meint also natürlich nicht ‚nur‘ die Maler.“

Und: „Wir geben zunächst einem Museum den Preis. Das Museum wählt sich dann den Künstler aus, der Künstler wird mit einem Ankauf durch das Museum geehrt, da gibt’s keinen großen Jury-Aufwand, das bleibt schlicht und wirkungsvoll. Und gerade heute, wo alle über die Probleme der Zusammenarbeit im Kunstmarkt reden, scheint uns das ein gutes Zeichen zu sein.“

Kunstmuseumsdirektorin Ulrike Groos – „hocherfreut“ über die Entscheidung der Krieg-Stiftung – entschied sich für den Erwerb eines Werkes von Thomas Grünfeld. Eine Dauerleihgabe der Landesbank Baden-Württemberg und eine Sammlungsarbeit können so um eine weitere Arbeit ergänzt werden.

Thomas Grünfeld? 1956 in Opladen geboren, ist sein Schaffen eng mit Stuttgart verbunden. 1977 bis 1982 studierte er an der hiesigen Akademie – und war neben etwa Thomas Locher wesentlicher Impulsgeber eines national beachteten Aufbruchs. Im erlebbaren Kunstgedächtnis Stuttgarts aber ist dieser Antritt kaum vertreten. „Da war natürlich eine ungeheure Intensität“, erinnerte sich Grünfeld als Gast der Veranstaltungsreihe „Über Kunst“ unserer Zeitung im Juni 2012 an die Szenerie um die Galeristen Tanja Grunert, Max Hetzler und Hans-Jürgen Müller, an den Schulterschluss mit europäischen Privatgalerien für jene Schau „Europa 79“, mit der 1979 in kühner Behauptung die „Kunst der 1980er Jahre“ vorgestellt wurde. Mittendrin: Studierende der Stuttgarter Kunstakademie, spätere Absolventen der Malklasse von Paul Uwe Dreyer. „Da war“, so Grünfeld, „anders als wenn vor allem über Kunst geredet wird, der Antrieb, etwas Dingliches in die Welt zu bringen.“

Seit 2004 ist der in Köln lebende Grünfeld Professor für Bildhauerei an der Düsseldorfer Kunstakademie. Er wird dabei sein, wenn an diesem Freitag um 19 Uhr der Preis der Stiftung Krieg an das Kunstmuseum Stuttgart übergeben wird – und zugleich unter dem Titel „1&5 – Werke von 1983–2014“ eine Schau mit seinen Werken eröffnet wird. „Grünfeld“, kündigt das Kunstmuseum an, „ist ein Konzeptkünstler und Meister der Verwandlung, sowohl was Formen als auch die benutzten Materialien angeht.“ Dem „Dinglichen“ also ist Thomas Grünfeld treu geblieben. Und so dürfen denn auch die „Misfits“ nicht fehlen, „Tierpräparate“, wie das Kunstmuseum wissen lässt, „die jeweils aus verschiedenen Tierarten zusammengesetzt sind“.

Fabelwesen am Schlossplatz also – und das passt dann doch schon wieder ziemlich gut zur Situation öffentlicher Kunstmuseen zwischen Ansprüchen von außen, den eigenen Möglichkeiten und dem doch immer spürbaren Anspruch, unverwechselbar zu sein.

www.kunstmuseum-stuttgart.de