Mitarbeiter der Stuttgarter Karstadt Sports Filiale protestieren gegen die Schließung des Standorts. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Die meisten Beschäftigten der Stuttgarter Filiale von Karstadt Sports haben kaum mehr Hoffnung, dass ihr Standort erhalten bleibt. Ihren Protest gegen die Schließung haben sie dennoch kundgetan.

Stuttgart - Die Proteste gegen die geplante Schließung der Karstadt Sports-Filiale in der Königstraße gehen weiter. Zentrale Zielscheibe einer gemeinsamen Kundgebung des ver.di-Bezirks Stuttgart und der Katholischen Betriebsseelsorge der Landeshauptstadt war der Eigentümer und Multimilliardär René Benko, der aufgefordert wurde „endlich soziale Verantwortung“ zu übernehmen.

„Fünf vor Zwölf“ war der symbolträchtige Start der Aktion am Kaufhof-Gebäude am Hirschbuckel, wobei das knappe Dutzend betroffener Beschäftigter, die ebenfalls präsent waren, eher davon ausging, dass die Uhr für ihren Betrieb mit rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schon abgelaufen ist: „Ich habe kaum noch Hoffnung“, sagte etwa ein Familienvater von drei Kindern, der seit 26 Jahren bei Karstadt arbeitet. Gleichwohl kam Jubel auf, als die Gewerkschaftssekretärin Sidar Carman auf die Rettung der Leonberger Karstadt-Dependance zu sprechen kam, ermöglicht nicht zuletzt durch die Mietsenkung des Hamburger Otto-Konzerns als Eigentümer der Leo-Center-Immobilie: „Gerettet, weil alle zusammengehalten und um die Arbeitsplätze gekämpft haben“, wie Carman betonte.

Zentrale Forderung: „Zukunft statt Kahlschlag“

„Wir wollen bleiben!“ war so auch vor Ort die Parole, neben der zentralen Forderung: „Zukunft statt Kahlschlag!“ Auch die Gewerkschafterin wollte die Hoffnung auf den Erhalt des Standorts noch nicht aufgeben: „Das Mindeste aber was die vor dem Aus stehenden 30 Beschäftigen brauchen, ist eine auf wenigstens ein Jahr konzipierte Übergangs- und Beschäftigungsgesellschaft Betroffenen plus einer ordentlichen Abfindung mit einem Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“, forderte Carman. Die im Raum stehenden 700 Euro pro Person nannte sie „eine Unverschämtheit“.

Hart ins Gericht ging sie in ihrer Rede mit dem Eigentümer Benko und dem Geschäftsgebaren von dessen Sigma Holding. Statt sich um ein tragbares Zukunftskonzept für das Handelshaus zu kümmern, sei es Benko „die vergangenen Jahre nur um die Rendite für die Immobilie“ gegangen. Dafür habe die Belegschaft „bereits mit Lohnkürzungen, Tarifflucht und dem Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld bezahlt“. Und nun zeige sich, „wie anderswo auch, dass Lohnverzicht keine Arbeitsplätze rettet, denn hier zählt der Profit mehr als die Menschen“.

Politik gefordert, den „Mieten-Wahnsinn“ zu stoppen

In dieselbe Kerbe schlug auch Michael Görg, der katholische Betriebsseelsorger, wofür er sich zunächst mit Benko-Maske zeigte: „Ich bin Euer Chef! Ihr müsst das verstehen! Es geht um den wirtschaftlichen Erfolg, wir müssen hier Geld machen!“ Dann riss Görg die Benko-Maske herunter und schleuderte dem imaginierten Boss entgegen: „Stopp! So nicht, Herr Benko!“ Denn wer ein Unternehmen gekauft habe, der müsse auch „soziale Verantwortung für die Mitarbeiter übernehmen“. Die aber werde abgeschoben, „um sich und die Investoren noch reicher zu machen“, sagte Görg – und adressierte an Benko: „Was wäre denn Ihre Immobilie ohne die Menschen, die darin arbeiten, und ohne die Menschen, die Einkommen brauchen, um dort einkaufen zu können?!“

Paraskevas Kazas, der Betriebsratsvorsitzende der Karstadt Sports-Filiale, machte deutlich, „dass voraussichtlich Ende Oktober Menschen, die bis zu 30 Jahre für Karstadt gearbeitet haben, auf der Straße stehen und einfach so abserviert werden“. „Mit einem Tritt in den Hintern“, fügte eine Betriebsratskollegin in ihrer Rede hinzu und betonte: „Wir brauchen Sicherheit, wir brauchen eine Perspektive!“ Kazas forderte die Politik auf, „etwas gegen diesen Mieten-Wahnsinn zu unternehmen, denn hier sind Leute am Werk, denen Menschen nichts bedeuten.“ Mehrfach schallt aus der Versammlung der Ruf: „Benko enteignen!“

Vom Kaufhof Richtung Karstadt-Filiale

Einen Ball, den auch Berit Heyn vom „Aktionsbündnis 8. März“ aufnahm: „Wir können nach Corona nicht zum Normalzustand zurückgehen, wir brauchen neue Formen des Wirtschaftens. Leute, die in den vergangenen Jahren Milliarden verdient haben, müssen der Gesellschaft etwas zurückgeben.“ Und auch der Stadtverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes verlangte in seiner Solidaritätsadresse, „dass Fehlentscheidungen des Managements nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden dürfen“.

Ursprünglich war geplant, die Kundgebung direkt vor der Filiale in der Königstraße abzuhalten, was aber nicht genehmigt wurde. Dorthin ging es dann aber doch noch: mit einem rot-weißen „Band der Solidarität“, das sowohl als Abstandhalter diente wie auch als Träger der Botschaft: „Gerecht geht anders!“ In einer kurzen Schlusskundgebung wurde nochmals gefordert: „Karstadt Sports soll bleiben!“