Die Empörung über die illegale Parkräumung hält weiter an. Foto: Lichtgut/Oliver Willikonsky

Elf Jahre nach dem Schwarzen Donnerstag: Stuttgart-21-Gegner fordern weiter einen sofortigen Baustopp und wollen sich besser vernetzen.

Stuttgart - Mehrere Hundert Menschen haben mit einer Kundgebung vor dem Hauptbahnhof und einem Demonstrationszug durch die Stuttgarter Innenstadt an den Schwarzen Donnerstag vor elf Jahren erinnert. Am 30. September 2010 war die Polizei rücksichtslos mit Schlagstöcken, Tränengas und Wasserwerfern gegen Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 vorgegangen. Dabei waren viele Menschen verletzt worden, einige von ihnen schwer. Der Polizeieinsatz hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht. Das Verwaltungsgericht hat das Vorgehen der Polizei später als rechtswidrig verurteilt.

Protest gegen Wohnbebauung

Die Rednerinnen und Redner bei der Kundgebung forderten erneut einen Baustopp für das inzwischen weit fortgeschrittene Projekt und lehnten auch die Bebauung des Rosensteinviertels ab. Beide Projekte seien klimaschädlich und würden nur Immobilienspekulanten nützen. Die Stadträtin Johanna Tiarks (Die Linke) sprach vom „schwärzesten Donnerstag in der jüngeren Stadtgeschichte“ und protestierte gegen eine Wohnbebauung auf dem Gelände des bisherigen Paketpostamts am Rand des Rosensteinparks. Stattdessen sollte ihrer Meinung nach besser der Park erweitert werden.

Bahnhofsbau: bei Starkregen künftig eine Staumauer?

Dieter Reicherter, ehemaliger Richter am Landgericht, hat den Einsatz vor elf Jahren hautnah miterlebt und sich für dessen juristische Aufarbeitung engagiert. „Alle staatlichen Gewalttaten sind verjährt“, sagte Reicherter bei der Kundgebung, an der auch der am 30. September 2010 schwer an den Augen verletzte Dietrich Wagner teilnahm. Bezug nehmend auf eine Wahlkampagne bei der jüngsten Bundestagswahl fuhr er fort: „Wir warten immer noch auf Respekt für unseren Kampf für Klima und Umwelt. Dass sich von den damals Herrschenden bis heute niemand entschuldigt hat, zeugt von einem Verlust an Anstand und Moral.“

Reicherter forderte einen Stopp des Bahnhofsbaus, der bei Starkregen künftig wie eine Staumauer wirken würde. Die dann nicht mehr benötigten Baustoffe sollten stattdessen den Opfern der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt werden.

Warnung vor „rechtem Sumpf“

Neben dem Autor und Politiker Winfried Wolf sprach auch der bekannte Stuttgarter Journalist Joe Bauer. Er sagte, Polizeigewalt gehöre leider zum politischen Alltag, und warnte vor dem „rechten Sumpf“ in Deutschland. Bauer forderte die Gegner des „Klimakillerprojekts Stuttgart 21“ dazu auf, die Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Bündnisse wie etwa der Fridays-for-Future-Bewegung besser zu erkennen, sich zu solidarisieren und besser zu vernetzen. So könne mehr Druck für das Erreichen der gemeinsamen Ziele erzeugt werden.

Für die Kundgebung war ein Straßenabschnitt auf der Schillerstraße direkt vor dem Hauptbahnhof gesperrt. Das hatte an dem Abend Auswirkungen auf den Autoverkehr in der ganzen Innenstadt.