So sieht das neue Domizil des Wühli von außen aus. Foto: Gottfried Stoppel

Die langjährige Heimat auf dem ehemaligen Pfleiderer-Areal in Schorndorf ist geräumt. In zwei Wochen will der Kult-Second-Hand-Laden neu eröffnen – in einer früheren Saunalandschaft.

Schorndorf - Am Freitag ist der unwiederbringlich letzte Tag gewesen. 26 Jahre lang war die Olgastraße 46-48 eine weit über Schorndorf hinaus bekannte Adresse für Second-Hand-Kleidung. Jetzt ist sie für den Wühli endgültig Geschichte. Der Kultladen ist ausgezogen, weil die Gebäude auf dem Areal der früheren Radiogerätefabrik Carl Pfleiderer abgerissen werden und einem Ensemble mit rund 130 Miet- und Eigentumswohnungen weichen sollen.

Kündigung vor zweieinhalb Jahren

Diese Botschaft ist für Monika Kraus und ihren Sohn Nicolai, die den Laden seit sechs Jahren betreiben, nicht neu. Die Kündigung haben sie bereits vor rund zweieinhalb Jahren erhalten. Doch die Suche nach einer Alternative für den seitherigen Standort mit seinem ganz eigenen Charme, gestaltete sich mehr als schwierig. Immer wieder zerschlugen sich Pläne, scheiterten Mietverhandlungen, nicht nur wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen, sondern oft, weil für den Immobilienbesitzer mit dem neuen Mieter eine bürokratisch aufwendige Nutzungsänderung einher gegangen wäre. Und so hangelten sich Monika Kraus und ihr Sohn von einem Aufschub zum nächsten.

Nun, gewissermaßen unmittelbar vor dem endgültigen Torschluss, ist man – Luftlinie nur etwa einen Kilometer entfernt – doch noch fündig geworden. Der Wühli zieht in die Robert-Bosch-Straße 1 um. Das Gebäude hatte zuletzt eine Saunalandschaft beherbergt, die – vermutlich bedingt durch den Bau des Oscar-Frech-Bades – schon seit einiger Zeit ihren Betrieb eingestellt hatte.

Den großen Raum mit Rundumverglasung im barrierefrei erreichbaren ersten Stockwerk haben die Krausens mit ihren Helfern bereits freigeräumt, die Kleiderständer stehen schon bereit, nach und nach wird jetzt ein Wühltisch nach dem anderen aufgebaut. In einem kleineren Nebenraum soll die Bücherei eingerichtet werden – eine von mehreren Besonderheiten des Second-Hand-Ladens, der ihm seinen ganz eigenen Charakter verleiht.

Neuer „Luxus“ mit durchsichtigen Fenstern

Natürlich sei man traurig, das langjährige Domizil mit seinem „ganz besonderen morbiden Charme“ hinter sich lassen zu müssen, sagt Monika Kraus. Und an den neuen „Luxus“ mit richtigen Fenstern, durch die man hinaussehen kann, werde man sich erst einmal gewöhnen müssen. „Vom Flair her ist das nicht zu vergleichen, aber die Zeiten ändern sich eben“, sagt hingegen Sohn Nicolai pragmatisch. „Dafür haben wir jetzt zum Beispiel eine Heizung und Parkplätze. Ein ideales Objekt gibt es eh nicht, also machen wir es passend.“ Überhaupt, glaubt er, dass nicht die Unterbringung entscheidend für den Erfolg des Unternehmens sei, sondern die Philosophie, die drinsteckt – und die solle sich auch im neuen Gebäude nicht ändern.

So sollen in dem Laden weiterhin alle gesellschaftlichen Schichten auf ihre Kosten kommen können: alt, jung, dick, dünn, groß, klein, mehr oder weniger Betuchte; Sparfüchse, die ihre Klamotten aus Wühltischen zum Kilopreis erstehen wollen, ebenso wie diejenigen, die auf der Suche nach etwas Ausgefallenem sind. Und weiterhin seien selbstverständlich auch die willkommen, die im Wühli bei einem Plausch und einer Tasse Kaffee einfach nur mal abschalten wollen.

„Soft-opening“ am 10. November

Auch wenn der Neuanfang für die Wühli-Truppe eine Menge Arbeit und Umstellung bedeutet, so sei man doch froh, den zuletzt immer wieder neu befristeten Duldungszustand hinter sich gelassen zu haben. „Wir blicken voraus und machen hier das Beste draus“, sagt Nicolai Kraus, „Wühli goes Future.“ Zwei Wochen nehmen er und seine Mutter sich noch Zeit, um das Puzzle an neuer Stätte wieder zusammenzusetzen. Am Samstag, 10. November, soll die Eröffnung in der Robert-Bosch-Straße 1 gefeiert werden – „als Soft-opening ohne großes Brimborium“, wie Monika Kraus sagt. Ganz Wühli-like eben.