Britta Seeger, Vertriebsvorstand bei Mercedes-Benz Cars, und Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Leiter von Mercedes-Benz Cars, präsentieren in einem Hotel in Detroit den neuen Mercedes-Benz GLA. Foto: dpa

Eine Branche betreibt Selbsttherapie: Beim Treffen in Detroit macht sich die Autowelt Mut vor der Trump-Ära. So schlimm werde es schon nicht kommen, so der Tenor. Doch die Verunsicherung ist groß.

Detroit - Ford schafft 700 neue Arbeitsplätze, Fiat Chrysler 2000 - fast könnte man meinen, die großen Autobauer wollten dem neuen US-Präsidenten einen besonders warmen Empfang bereiten. Donald Trump hat ein Jobwunder versprochen, nun parieren die Unternehmen artig - so hat es den Anschein.

Mit Wohlwollen gegenüber der neuen Regierung muss das Entgegenkommen jedoch nichts zu tun haben. Denn der republikanische Rechtspopulist geht nicht mit Klingelbeutel von Tür zu Tür - er setzt die Konzerne mit der Androhung von hohen Strafzöllen auf US-Importe massiv unter Druck. Die Verunsicherung ist groß.

So gleicht das Verhältnis der Autobauer zu Trump zum Auftakt der wichtigsten US-Automesse dem Wetter: In Detroit herrscht Eiszeit mit bis zu zweistelligen Minusgraden. Die Bedenken gegenüber dem designierten US-Präsidenten überschatten das traditionelle Schaulaufen der Hersteller zum Auftakt des Autojahres.

Dass die Stimmung diesmal gedämpft ist, liegt zwar auch daran, dass die kurz vorher stattfindende Technikmesse CES in Las Vegas dem Event immer mehr den Rang abläuft. Doch der Trump-Faktor hängt wie ein Damokles-Schwert über der Branche.

Dabei sah es zuletzt gut aus. Der Absatz brummt, die boomende Nachfrage hat den Herstellern 2016 einen erneuten Verkaufsrekord auf dem US-Markt beschert. Eigentlich könnten sich die Autobauer beim Branchentreffen in der krisenerprobten US-Industriemetropole auf die Schultern klopfen - trotzdem ist keinem zum Feiern zumute, denn mit dem Regierungswechsel zieht Ungewissheit auf.

In Detroit bemühen sich die Größen der Industrie, Gelassenheit zu demonstrieren. „Das meiste war bislang Rhetorik und Spekulation“ sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der North American International Auto Show. Er wolle abwarten, bis Trump im Amt ist, und setze dann auf eine gute Zusammenarbeit.

Trump kritisiert Freihandel und Globalisierung

Andere Branchen-Insider äußern sich ähnlich. „Trump wird einsehen müssen, dass nicht alles, was er sagt, umgesetzt werden kann“, sagt Sandy Schwartz, Chef des US-Autohandelsriesen Cox Automotive. Früher oder später werde der Immobilienmogul die Realität anerkennen. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir eine seismische Verschiebung erleben werden.“ Doch hinter vorgehaltener Hand räumen viele Analysten ein, dass die Lage durchaus prekär ist.

Mit heftiger Kritik an Globalisierung und Freihandel hat Trump die Branche vor den Kopf gestoßen. Oft reichten ihm dafür 140 Zeichen bei Twitter. In der letzten Woche attackierte Trump zuerst US-Marktführer General Motors (GM) und dann den weltgrößten Autobauer Toyota für geplante Investitionen im benachbarten Niedriglohnland Mexiko. Die Aktionen sorgten für Wirbel, sogar die japanische Regierung schaltete sich ein, um Toyota in Schutz zu nehmen.

Am Sonntag kündigte der italienisch-amerikanische Autokonzern Fiat Chrysler an, eine Milliarde Dollar in zwei bestehende Werke in den USA zu stecken. Nur wenige Tage vorher hatte Ford nach andauernder Kritik von Trump verkündet, Pläne für eine 1,6 Milliarden Dollar teure Fabrik in Mexiko zu streichen und stattdessen 700 Millionen Dollar in den USA zu investieren. Insgesamt sollen die Initiativen von Ford und Fiat Chrysler rund 2700 neue US-Jobs schaffen. Beide Unternehmen bestreiten zwar, dass Trump dabei eine Rolle gespielt hat. Doch ein Beigeschmack bleibt.

Trump entwickelte Ultraluxuslimousinen mit

Das Verhältnis zwischen dem New Yorker Immobilien-Tycoon und der Autobranche war nicht immer so angespannt. Vor gut 30 Jahren pflegte Trump sogar eine innige Beziehung - insbesondere zur GM-Konzerntochter Cadillac. Die gipfelte 1988 in der gemeinsamen Entwicklung zweier extravaganter Stretch-Limousinen. Die „Cadillac Trump Series“ sollte damals den Standard setzen, was Ultraluxus angeht. Trump hatte schon zuvor nie einen Hehl aus seinem Faible für die Kultmarke Cadillac gemacht.

Auch dieser Tage könnte er sich für Detroit durchaus noch zum Hoffnungsträger entwickeln. Einerseits bedroht Trumps Hang zum Protektionismus zwar die Geschäfte der dort ansässigen US-Hersteller wie GM oder Ford. Andererseits aber hat er der Autostadt frei nach seinem Motto „Amerika zuerst“ ein fulminantes Comeback versprochen. Mit Konjunkturpaketen und Steuerreformen will Trump der US-Wirtschaft zu einem neuen Boom verhelfen, von dem auch die Autoindustrie profitieren soll.