Das Gericht entschied, dass die Kündigungen der Sparverträge nicht rechtens waren. Foto: dpa

Überraschende Schlappe vor Gericht: Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am Mittwoch entschieden, dass die Kündigung eines Bausparvertrages nicht rechtens war. Frühere Urteile waren immer zu Gunsten der Banken ausgefallen.

Stuttgart - In der Prozesswelle um die Kündigung von Bausparverträgen hat das Oberlandesgericht Stuttgart als erstes Berufungsgericht zugunsten einer Bausparkundin entschieden. Die Bausparkasse Wüstenrot habe kein Recht, den Vertrag zu kündigen, erklärte Richter Thomas Wetzel am Mittwoch in Stuttgart. "Der Vertrag ist fortzusetzen."

Wüstenrot, Deutschlands zweitgrößte Bausparkasse, hatte gekündigt, weil die Kundin ihre das angesparte Geld seit 22 Jahren auf dem Konto liegen ließ und drei Prozent Zinsen einstrich, statt das Darlehen abzurufen. Die Bausparkassen haben in Deutschland rund 200.000 reife Verträge gekündigt, weil sie angesichts von Marktzinsen nahe Null die vor vielen Jahren vereinbarten hohen Zinsen nicht mehr zahlen wollen.

Frühere Urteile fielen zu Gunsten der Banken aus

Bisher gab es rund 140 Urteile bundesweit, von denen 90 Prozent zugunsten der Bausparkassen ergingen. In den fünf Fällen, die bisher bei Oberlandesgerichten gelandet waren, hatten die Sparer jeweils den Kürzeren gezogen. Wüstenrot hatte argumentiert, der Vertrag sei mehr als zehn Jahre nach der Zuteilungsreife kündbar. "Wir teilen diese Auffassung nicht", sagte Richter Wetzel. Die Bausparerin müsse auch weiterhin die Möglichkeit haben, das Darlehen in Anspruch zu nehmen, auch wenn sich das derzeit bei einem Zins von fünf Prozent nicht rechne. Die Zehnjahresfrist greife erst, sobald das Darlehen vollständig zugeteilt sei.

Auch das gesetzliche Kündigungsrecht, auf das sich Wüstenrot berief, gelte nicht. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn die Bausparkasse die Sparerin aufgefordert hätte, weiter Beiträge zu zahlen, und diese der Forderung nicht nachgekommen wäre. Wüstenrot werde nun eine Revision gegen das Urteil vor dem Bundesgerichtshof prüfen, erklärte deren Anwalt Herve Edelmann. Davon geht das OLG Stuttgart fest aus. "Entschieden werden muss es vom BGH", sagte der Richter. Mit einem öffentlichen Urteil anstelle eines schriftlichen Beschlusses wolle er den Weg zum obersten deutschen Gericht ebnen. Es gehe schließlich um Millionen Spargelder, sagte Wetzel. (Az.: 9 U 171/15)