Den KSC zählt Trainer Mirko Slomka zu den „großen Traditionsvereinen in Deutschland“. Foto: dpa

Mirko Slomka hat Schalke, Hannover und den HSV trainiert, jetzt ist er beim Karlsruher SC gelandet. Den Rückschritt begreift er als Chance – schließlich musste er lange warten, bis sich überhaupt wieder ein Club meldete.

Karlsruhe/Stuttgart - Niemand kann behaupten, Mirko Slomka habe nur Fußball im Kopf. Er setzt sich gegen Rassismus ein, hat sein Mathematikstudium mit dem Staatsexamen abgeschlossen und kennt sich auch in der Welt der Schönen und Reichen aus. Auf den roten Teppichen der Republik ist der enge Freund des Promipaares Veronika Verres und Carsten Maschmeyer ein gern gesehener Gast.

Weniger Glamour versprüht sein neuer Job: Seit Anfang dieses Jahres ist Mirko Slomka (49) Trainer des Karlsruher SC, Zweite Bundesliga, Tabellenplatz 15. Der Kampf gegen den Abstieg steht ihm bevor, mit dem richtungweisenden Kellerduell gegen Arminia Bielefeld startet seine Mannschaft am Sonntag (13.30 Uhr) in die Rückrunde. Das ist nicht das, was der eloquente Fußballlehrer aus Niedersachsen bisher gewohnt war – aber immer noch besser, als noch länger darauf zu warten, dass sich ein größerer Club meldet.

Gleich zweimal hat es Kontakt zum FC Bayern gegeben

Mirko Slomka war Cheftrainer von Schalke 04, Hannover 96 und dem Hamburger SV; seine Teams spielten in der Champions und Europa League. Und gleich zweimal, so berichtete er neulich, habe es Kontakte zum FC Bayern gegeben. Dann aber wurde es um seine Person immer ruhiger, nachdem ihn der HSV im September 2014 wegen Erfolglosigkeit entlassen hatte. Dass Slomka vor Gericht gegen die im Vertrag festgeschriebene Abfindung von 1,4 Millionen Euro klagte und 1,8 Millionen erstritt, machte ihn für neue Arbeitgeber nicht gerade interessanter.

840 Tage war Slomka arbeitslos und hoffte vergeblich auf Angebote, wenn irgendwo in der Bundesliga ein neuer Chefcoach gesucht wurde. „Es ist schon so, dass man das Gefühl hat, der eine oder andere zieht an dir vorbei“, sagte Slomka der „Sport-Bild“. Das sei „mitunter frustrierend“ gewesen. Er habe „keine zwei Jahre darauf gewartet, dass der KSC mich anruft“, sondern ursprünglich andere Hoffnungen und Vorstellungen gehabt. Allerdings: „Vielleicht ist es ja manchmal sogar viel spannender, einen Schritt zurück zu machen und etwas mit aufzubauen.“

Eine Brise der großen weiten Fußballwelt im Wildpark

Mächtig stolz sind sie beim KSC auf ihren Coup, den prominenten Trainer mithilfe des neuen Sportdirektors Oliver Kreutzer, einem Vertrauten aus HSV-Zeiten, in die badische Fußballprovinz gelockt zu haben. Markus Kauczinski, Thomas Oral und zuletzt Lukas Kwasniok, vor Weihnachten kurzfristig von den A-Junioren zu den Profis beordert – so hießen die Vorgänger auf der Trainerbank. Mit Mirko Slomka weht nun wieder eine Brise der großen weiten Fußballwelt durch den Wildpark, wo es seit dem denkwürdigen Relegationsdrama gegen den HSV vor anderthalb Jahren abwärtsgeht. Platz sieben im Vorjahr, jetzt der Kampf ums sportliche Überleben.

„Das Gesamtkonzept hat ihn überzeugt“, sagt der KSC-Präsident Ingo Wellenreuther über seinen Königstransfer und sieht wieder bessere Zeiten auf den Club zukommen. Im November sind nach jahrelangen Diskussionen die Verträge für den überfälligen Neubau des Stadions unterschrieben worden. 2020 soll es fertig sein und dem KSC langfristig deutlich höhere Einnahmen bescheren. Irgendwann, sagt Wellenreuther, im Hauptberuf Bundestagsabgeordneter der CDU, wolle man in der Lage sein, auch mal wieder vorsichtig über eine Rückkehr in die Bundesliga nachzudenken.

Der KSC-Präsident spürt „unglaubliche Aufbruchstimmung“

Kurzfristig aber geht es nur um den Klassenverbleib und die Förderung der eigenen Talente. Für teure Verstärkungen fehlt das Geld. Trotzdem spürt Wellenreuther „eine unglaubliche Aufbruchstimmung“ in der Stadt – Mirko Slomka sei Dank. Von Dutzenden Glückwunsch-Mails im Anschluss an die Vertragsunterschrift berichtet der KSC-Chef, „das habe ich so nicht erwartet“. Es zeigt ihm, dass es die richtige Entscheidung war: „Die Leute haben wieder große Hoffnung.“

Mirko Slomka, klar in der Ansprache, kompromisslos in seinen Entscheidungen, will diese Hoffnung nicht enttäuschen. Voller Tatendrang hat er sich in den ersten Wochen in die neue Aufgabe gestürzt. Den Klassenverbleib will er in dieser Saison schaffen und den früheren Europapokal-Standort Karlsruhe anschließend zu neuer Blüte führen; sein Vertrag läuft bis 2018. Der KSC, sagt er, „gehört für mich in die Reihe großer Traditionsvereine in Deutschland“.

Der Bundestrainer hat Slomka gratuliert

Dass er zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, das hat ihm nach der Vertragsunterschrift der Bundestrainer höchstpersönlich versichert: „Jogi Löw hat mich angerufen und sich gefreut, dass ich jetzt gleich nebenan wohne.“ Löw war auch schon einmal Trainer in Karlsruhe. Vor 16 Jahren trat er nach 177 Tagen und nur einem Sieg aus 18 Spielen wieder zurück. Kurz darauf stieg der KSC in die dritte Liga ab.