Ministerpräsident Winfried Kretschmann Foto: dpa

Es kam wie erwartet: Der Kompromiss von Grün-Rot, die Beamtengehälter zu erhöhen, aber nur zeitversetzt, findet keinen Zuspruch. Der Chor der Kritiker wird immer lauter.

Stuttgart - Der Bund der Steuerzahler hat der Landesregierung beim Thema Beamtenbesoldung mangelnden Sparwillen vorgeworfen. „Grün-Rot ist den Weg des geringsten Widerstands gegangen“, sagte Landeschef Wilfried Krahwinkel am Donnerstag den Stuttgarter Nachrichten. Tags zuvor hatte die Koalition von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) entschieden, die Tariferhöhung von 5,6 Prozent aus dem öffentlichen Dienst zeitversetzt auf die Beamten und Pensionäre zu übertragen. „Mit dieser Entscheidung kommt die Landesregierung bei der Konsolidierung des Landeshaushalts keinen Schritt weiter“, so Krahwinkel.

Für 2013 und 2014 hatte Grün-Rot jeweils mit einer Gehaltssteigerung von 1,5 Prozent kalkuliert. Dank der Verschiebung der Lohnerhöhung spart Finanzminister Nils Schmid (SPD) deshalb in diesem Jahr knapp 180 Millionen Euro. Durch die zeitversetzte Übertragung fehlen 2015 dann aber rund 160 Millionen Euro, im Jahr drauf sind es 167 Millionen Euro. Fazit von Krahwinkel: „Ab 2016 wird es richtig heiß.“ Soll heißen: Der Spardruck wächst und wächst.

„Die Kluft wird größer und größer“

Krahwinkel kritisierte, die Koalition habe auch grundsätzliche Folgen ihrer Entscheidung nicht bedacht. „Die Nettogehälter der Angestellten und der Beamten driften immer stärker auseinander.“ Das Gleiche gelte für die Renten. „Die Kluft wird größer und größer“, wenn die Renten in diesem Jahr nur um 0,2 Prozent, aber die Beamtenpensionen um 2,6 Prozent erhöht werden.

Er forderte die Landesregierung auf, nicht mehr „nur Lippenbekenntnisse“ beim Sparen zu zeigen, sondern „ein schlüssiges Konzept“ vorzulegen, wie der Landeshaushalt saniert werden und die Schuldenbremse im Jahr 2020 eingehalten werden soll. „Wir regen an, einen mittelfristigen Sparplan aufzustellen.“ Dabei dürfe Grün-Rot „nicht davor zurückschrecken, die Wahrheit zu sagen“, sondern müsse „große Blöcke“ wie den Abbau von Lehrerstellen konkret benennen. „Dieser Sparplan gehört schleunigst auf den Tisch, damit die Bürger wissen, wo es langgeht.“ Krahwinkel kritisierte Finanzminister Nils Schmid (SPD), der in seinen Haushaltsplanungen für die Zeit nach einer gewonnenen Bundestagswahl ab 2014 bereits jetzt mit Mehreinnahmen von 400 Millionen Euro aus einem erhöhten Spitzensteuersatz rechne. „Es ist unseriös, so etwas schon jetzt einzukalkulieren“, sagte Krahwinkel.

Die Gewerkschaft der Polizei kündigte derweil an, die zeitversetzte Übernahme der Tarifergebnisse „nicht zu akzeptieren“, so Landeschef Rüdiger Seidenspinner. Man bleibe dabei, dass es eine „zeit- noch inhaltsgleiche Übernahme“ auf die Beamten geben müsse. Nun soll eine Mitgliederbefragung stattfinden. Zuvor hatte schon DGB-Landeschef Nikolaus Landgraf kritisiert, die von Grün-Rot beschlossene soziale Staffelung bei den Lohnerhöhungen sei nicht durchdacht: „Dass nicht einmal der mittlere Dienst bis A 9 von der Verschiebung der Gehaltserhöhung ausgenommen wurde, ist besonders bitter.“ Doro Moritz, Landeschefin der Lehrergewerkschaft GEW, sagte am Donnerstag, man werde im April über mögliche Protestaktionen gegen die Beschlüsse der Koalition beraten. Die Entscheidung, die Tariferhöhung je nach Besoldungsgruppe um bis zu ein Jahr zu verschieben, sei „eines von vielen Übeln“ in einem Gesamtpaket, das die Lehrer treffe und die Demotivation massiv ansteigen lasse.