Ein Junge in Caracas macht sich auf den Weg um Wasser zu holen. Foto: dpa

Durch den politischen Konflikt in Venezuela spitzt sich die humanitäre Krise zu. Die Lage im Land sei „dramatisch“, sagt Außenminister Maas. Doch Hilfsorganisationen kommen kaum ins Land, zudem fehlt es an Spendern.

Berlin - Eine Lösung für den andauernden Machtkampf in Venezuela ist nicht in Sicht. Deutschland und andere Staaten bekundeten in dem Konflikt schnell ihre Unterstützung für den selbst ernannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó, der umstrittene Staatschef Nicolás Maduro hält sich jedoch im Amt. Je länger die Krise dauert, desto größer wird die Sorge um die Bevölkerung.

„Die humanitäre Situation in Venezuela ist dramatisch“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) unserer Zeitung. „Das Gesundheitssystem in Venezuela ist vollkommen zusammengebrochen. Menschen sterben, weil eigentlich alltägliche Behandlungen nicht verfügbar sind.“ Rund ein Viertel der Bevölkerung sei auf humanitäre Hilfe angewiesen, Millionen ins Ausland geflohen.

Maas fordert Maduro zum einlenken auf

In Venezuela fehlt es an Medikamenten und Nahrungsmitteln. Da Maduro jedoch kein offizielles internationales Ersuchen stellt, können Hilfsorganisationen kaum im Land arbeiten. Nur wenige Hilfstransporte werden über die Grenzen gelassen. Maas fordert Maduro zum Einlenken auf: „Die wichtigste Voraussetzung für die Lieferung humanitärer Hilfsgüter in Venezuela ist der unabhängige Zugang zu den Hilfsbedürftigen.“

Allein ins benachbarte Kolumbien sind Schätzungen zufolge mehr als eine Million Venezolaner geflohen. Deren Lage sei oft „erschreckend“, berichtete Jelena Kaifenheim von Malteser International unserer Zeitung über ihre Eindrücke vor Ort. „Viele der Geflüchteten leben am Rand der Städte in informellen Lagern ohne Zugang zu Wasser oder sanitären Einrichtungen.“

Für diese Menschen ist internationale Unterstützung möglich, es fehlt jedoch an Spendengeldern. Auf ein Mitte Februar eröffnetes Spendenkonto der Aktion Deutschland Hilft für die Menschen in Venezuela und den Nachbarländern flossen bislang 33 366 Euro, wie eine Sprecherin des Bündnisses unserer Zeitung sagte. Für die Betroffenen der Zyklone Idai und Kenneth in Mosambik und den angrenzenden Staaten kamen nach deutschlandweiten Aufrufen rund 12,6 Millionen Euro zusammen.

„Von der Anzahl der Flüchtlinge ist das eine der größten Krise in Lateinamerika in den letzten Jahrzehnten“, sagte Kaifenheim. „Die Zahl der Geflüchteten ist sprunghaft angestiegen, in der Hinsicht liegt Venezuela nur knapp hinter Syrien.“ Da die Venezolaner allerdings nicht nach Deutschland kommen, sei das öffentliche Interesse gering.

15 Millionen Euro Hilfe aus Berlin

Die Bundesregierung hat bislang 15 Millionen Euro für Hilfe in Venezuelas Nachbarländern zugesagt. Weitere fünf Millionen Euro stehen zur Unterstützung im Land selbst bereit, ob damit bereits vor Ort geholfen werden konnte, lässt das Auswärtige Amt offen. „Aus Gründen der Sicherheit für Helfer und Bedürftige sowie zur Vermeidung der Politisierung humanitärer Hilfe veröffentlicht das Auswärtige Amt, auch auf Bitten der Organisationen, keine Details zum Abfluss der Mittel“, heißt es lediglich.

Für Maas ist entscheidend, dass es in Venezuela bald zu Neuwahlen kommt. „Nur so kann das Leiden des Volkes unter der desaströsen Maduro-Herrschaft ein Ende haben“, sagte er. Aus Sicht des Grünen-Politikers Omid Nouripour wäre die Krise damit aber keinesfalls beigelegt. „Es wird deutlich mehr bedürfen, die zutiefst gespaltene Gesellschaft wieder zusammenzubringen, um das Land wirtschaftlich und institutionell wiederaufzubauen“, sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion unserer Zeitung.

Nouripour fordert, die „Kriegslogik“ der Konfliktparteien zu durchbrechen, nach der jede Seite glaube, sich durchsetzen zu können. „Dazu muss die EU ihr gesamtes diplomatisches Gewicht nutzen, um auf alle involvierten Parteien hinzuwirken, sich einer politischen Lösung nicht zu verschließen.“