Das neue Führungstrio der SPD – für den Übergang: Manuela Schwesig, Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel (von links). Foto: Silas Stein/dpa

Nach dem Rückzug von SPD-Chefin Andrea Nahles übernimmt vorerst ein Trio die Führung der Partei. Doch ein neuer Vorsitzender wird weiterhin gesucht – auch andere Fragen bleiben offen. Klarheit soll eine erneute Krisensitzung in drei Wochen bringen.

Berlin - Nach dem Nahles-Rücktritt wird die SPD zunächst von einer Troika geführt. Andere wichtige Fragen will die Parteispitze auf einer weiteren Krisensitzung in drei Wochen entscheiden.

Wer führt die Partei jetzt? Für den Übergang übernehmen das die drei Vizevorsitzenden Malu Dreyer, Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig, Regierungschefin von Mecklenburg-Vorpommern, und Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel – bis ein Parteitag über den neuen Vorsitz entscheidet.

Wie geht es jetzt weiter? Die noch mehr als 450 000 Mitglieder der SPD sollen in den Prozess der Neuaufstellung eng eingebunden werden. Sie sind aufgerufen, bis zur Vorstandssitzung am 24. Juni ihre Ideen einzubringen. Dann soll das Verfahren zur Wahl des Parteivorsitzes festgelegt werden. Das schließt ausdrücklich die Idee ein, dass die SPD künftig von einer Doppelspitze geführt wird. Diskutiert werden auch eine Urwahl und eine Vorstellung der Kandidaten auf Regionalkonferenzen, wie es die CDU zuletzt gemacht hat. Bei der Sitzung in drei Wochen soll auch geklärt werden, ob der bislang für Dezember geplante Parteitag vorgezogen wird.

Wer könnte Andrea Nahles langfristig nachfolgen? Das ist unklar. Die drei Interimschefs betonten, dass sie keine Absichten haben, die Parteiführung zu übernehmen. Schwesig und Dreyer wollen Ministerpräsidentinnen in ihren Ländern bleiben. Schäfer-Gümbel hatte bereits im März seinen Abschied aus der aktiven Politik angekündigt, er arbeitet ab dem 1. Oktober bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Vizekanzler Olaf Scholz und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil gelten als mögliche Kandidaten für den Parteivorsitz; nach dem Rücktritt von Nahles gaben beide jedoch zunächst einmal an, kein Interesse an dem Job zu haben.

Wer wird Vorsitzender der Fraktion? Vorerst soll das der Kölner SPD-Abgeordnete und Fraktionsvize Rolf Mützenich machen. Der 59-Jährige vertritt die SPD seit 2002 im Bundestag und machte sich als Außenpolitikexperte einen Namen, seit Ende 2013 ist er stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Wer die Fraktionsführung dauerhaft übernimmt, soll vor der Sommerpause geklärt werden. Für den Posten infrage kommt der Westfale und bisherige Fraktionsvizechef Achim Post. Der SPD-Linke Matthias Miersch und der frühere Parteichef Martin Schulz hatten vorige Woche gesagt, nicht gegen Nahles anzutreten. Nach ihrem Rückzug ist eine Kandidatur der beiden nicht mehr ausgeschlossen.

Wie stellt sich die SPD inhaltlich auf? Als wichtige Themen nannten SPD-Vertreter seit der Schlappe bei der Europawahl immer wieder die Grundrente und ein Klimaschutzgesetz – das sind aber noch keine neuen Positionen. Die drei Interimsvorsitzenden machten zu der Frage am Montag keine Aussagen. Unionsvertreter warnen die SPD davor, jetzt auf einen Linkskurs zu gehen. Die künftige Ausrichtung der SPD hängt maßgeblich davon ab, wer die Führungsposten in Partei und Fraktion künftig besetzt.

Wie geht es mit der Koalition weiter? Die Zukunft der in weiten Teilen der SPD ungeliebten großen Koalition steht massiv infrage. Der SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt sprach sich am Montag bereits dafür aus, die „GroKo“ zu beenden. Dreyer, Schwesig und Schäfer-Gümbel bemühten sich allerdings darum, eine Debatte darüber gar nicht erst aufkommen zu lassen. „Wir haben uns nach einem Mitgliedervotum entschieden, in die große Koalition einzugehen, und wir sind vertragstreu“, hob Dreyer hervor. Nach den jüngsten Entwicklungen kommt aber der von Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbarten Zwischenbilanz zur Mitte der Legislaturperiode im Herbst eine noch größere Bedeutung zu. Wie die SPD nun damit umgeht, soll auch auf der Sondersitzung des Parteivorstandes in drei Wochen beraten werden.

Wie würde ein „GroKo“-Austritt der SPD funktionieren? Ein solcher Schritt müsste – vermutlich nach einer Mitgliederbefragung – auf einem SPD-Parteitag beschlossen werden. Der Union könnte dann zumindest für eine gewisse Zeit in einer Minderheitsregierung weitermachen. Die Bildung einer Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen ohne vorherige Neuwahlen hat die Ökopartei wiederum schon ausgeschlossen. Somit bliebe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch die Möglichkeit, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Wenn sie diese verliert, könnte dies den Weg zur Ausrufung von Neuwahlen durch den Bundespräsidenten ebnen.