Mindestens sechs Mal wählten die Betrüger Telefonnummern aus dem Stadtgebiet an. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Die Masche ist bekannt, und dennoch versuchen sie es immer wieder: Trickbetrüger wollten diese Woche mehrere alte Menschen aus Leinfelden-Echterdingen um ihr Geld bringen. Wie gehen die Gauner vor?

Leinfelden-Echterdingen - Am Montagabend haben sich Trickbetrüger offenbar das Telefonbuch von Leinfelden-Echterdingen geschnappt. Mindestens sechsmal haben sie bei älteren Menschen im Stadtgebiet angerufen, um diese „auf raffinierte Weise“, wie Polizeirevierchef Thomas Pitzinger sagt, „um erhebliche Summen an Geld zu bringen“. Dieses Phänomen durchziehe die ganze Republik wellenartig, erklärte er im Gemeinderat.

„Die Anrufer sitzen in Callcentern, die sich teils in der Türkei befinden. Sie sprechen gutes Deutsch“, sagt er. Sie schauen sich gezielt Menschen mit Vornamen aus, die auf ein gewisses Alter schließen lassen. „Gertrud oder Helmut, so nennt man heutzutage kein Kind mehr, so heißen Menschen, die 70 Jahre und älter sind“, sagt Michael Schaal, ein Sprecher der Polizei dazu, auf Nachfrage.

Ein echter Beamter fragt niemand über seine Wertsachen aus

Trickbetrüger geben sich oft als ein Enkel aus, der einen Unfall hatte und nun dringend Geld brauche. Am Montagabend probierten die Gauner ihr Glück mit einem anderen Trick. Sie gaben sich als Polizeibeamte aus und informierten über einen angeblichen Einbruch in der Nachbarschaft. Bei den Tätern hätte man einen Notizblock gefunden. Auf diesem würde auch der Name, die Adresse und die Bankverbindung des Angerufenen stehen. Der Betrüger rät dann, Geld und andere Wertsachen wie Schmuck möglichst schnell in Sicherheit zu bringen.

„Dies würde die echte Polizei nie tun“, sagt Polizeisprecher Schaal dazu. Ein echter Polizeibeamter rufe auch nicht unter der Notrufnummer 110 an und frage niemanden über seine Wertsachen aus, heißt es in einem Film, den die Polizei gedreht hat, um in den sozialen Netzwerken über die Betrugsmasche aufzuklären. „Die Oma schaut freilich nicht bei Facebook rein“, sagt Schaal dazu. „Aber vielleicht ihr Enkel oder die Enkelin.“

Auch Pitzinger sagt: „Sprechen Sie mit den älteren Menschen, die sie kennen. Informieren Sie diese über das Thema.“ Omas, Opas, Eltern, Tanten, Onkels und Nachbarn sollten Bescheid wissen, damit möglichst wenig Telefonbetrüger eine Chance haben, Beute zu machen.

Polizei sensibilisiert Senioren, Taxifahrer, Bankmitarbeiter

Die Polizei leistet hier auf breiter Basis Präventionsarbeit. Sie sensibilisiert Senioren und ihre Angehörigen, Taxifahrer und Bankmitarbeiter für das Thema. Auch die Stadt hat bereits Info-Veranstaltungen dazu angeboten. Die Anzahl der Vermögens- und Fälschungsdelikte in L.-E. bewegt sich seit 2015 (261 Fälle) auf einem ähnlichen Niveau. Im Vergleich zu 2017 (242 Fälle) ist im Jahr 2018 (284) sogar ein Anstieg um 17,4 Prozent zu verzeichnen. Zugenommen haben die Fälle des Warenkreditbetruges. Will heißen, man bestellt etwas im Netz, ohne es bezahlen zu können oder zu wollen.

Sogar um 53 Prozent gestiegen, ist die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Dieser Anstieg habe laut Pitzinger vor allem mit einer Gesetzesänderung zu tun. Sexuelle Belästigung ist nun ein eigener Straftatbestand, sie wurde früher als Beleidigung erfasst. Aber auch sonst gibt es in diesem Bereich mehr Straftaten. Dabei handelt es sich zum größten Teil um das Versenden von pornografischen Bildern via Smartphone.

Einen leichten Anstieg hat die Polizei bei den Wohnungseinbrüchen in L.-E. festgestellt. „Das ist für mich ein Indikator dafür, dass die Bürger noch mehr in die Sicherheit ihrer Wohnung investieren könnten“, sagt Pitzinger. Die Polizei bietet dazu eine kostenlose Beratung an. Einbruchsspezialisten kommen auf Anfrage nach Hause. Mit Beginn der dunklen Jahreszeit werden in L.-E. zusätzliche Streifen unterwegs sein.

Insgesamt war die Kriminalität in der Stadt auf den Fildern 2018 geringer als 2017. Das Gros der Tatverdächtigen ist männlich, unter den Beschuldigten gibt es mehr Deutsche, als Nichtdeutsche.

Zurück zum Trickbetrug, der Anfang der Woche in Leinfelden-Echterdingen grassiert hatte: Erfolg hatten die Betrüger am Montag in L.-E. nicht. „Alle Anrufe blieben im Versuchsstadium“, sagt Pitzinger. „Es gab keine Geschädigten“, sagt Michael Schaal. Die Angerufen haben den Betrug erkannt und die Polizei informiert. Und damit alles richtig gemacht: Die Polizei rät bei solchen Anrufen am besten gleich aufzulegen und das Revier über den Vorfall zu verständigen.