Wegen der Krim-Krise hat US-Präsident Barack Obama Gespräche gestoppt, die eigentlich zu engeren Handelsbeziehungen zwischen den USA und Russland führen sollten. Foto: dpa

Einreiseverbote, Kontosperrungen, keine Visa-Erleichterungen: Die EU droht Moskau im Ukraine-Konflikt mit Sanktionen. Auch US-Präsident Obama erwägt, Russland zu isolieren und wirtschaftlich zu schädigen.

Einreiseverbote, Kontosperrungen, keine Visa-Erleichterungen: Die EU droht Moskau im Ukraine-Konflikt mit Sanktionen. Auch US-Präsident Obama erwägt, Russland zu isolieren und wirtschaftlich zu schädigen.

Washington/Brüssel - Europa und Amerika erhöhen in der Krim-Krise den Druck auf Kremlchef Wladimir Putin. Die EU und die USA drohen Russland nun mit Sanktionen, sollte Moskau seine Truppen nicht zügig von der ukrainischen Halbinsel zurückziehen. Russland bleibt aber stur und begründet seinen Militäreinsatz mit einem Hilferuf des abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitsch. US-Außenminister John Kerry wird am Dienstag zu Gesprächen in der Ukraine erwartet. Er will in Kiew mit Vertretern der neuen Regierung zusammentreffen. Zudem beraten in Brüssel die Botschafter der 28 Nato-Staaten über die angespannte Situation.

In einer ersten Reaktion auf die Krim-Krise fror das Pentagon am Montagabend (Ortszeit) alle Kontakte zum russischen Militär ein. Jegliches Engagement des US-Militärs mit den Streitkräften Russlands sei gestoppt worden, teilte Pentagonsprecher John Kirby in Washington mit. Auch gemeinsame Übungen, bilaterale Treffen, Hafenvisiten und Planungskonferenzen seien ausgesetzt worden.

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk warf Putin einen schweren Bruch des Völkerrechts vor. „Unsere russischen Nachbarn haben ohne Grund einen Akt der Aggression auf unserem Staatsgebiet begangen. Die autonome Republik Krim war, ist und bleibt auch ukrainisches Territorium“, sagte Jazenjuk der „Bild“-Zeitung (Dienstag). Zugleich forderte Jazenjuk die russische Regierung auf, den Konflikt um die Krim friedlich und auf diplomatischem Weg zu lösen. „Man darf sich so im 21. Jahrhundert nicht verhalten. Mit Panzern, Soldaten und Drohungen erreicht man nichts.“

EU-Sondergipfel am Donnerstag

US-Präsident Barack Obama warnte am Montag, seine Regierung erwäge eine ganze Reihe von Maßnahmen, um Russland zu isolieren und ökonomisch zu schaden. Die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten könnten schon am Donnerstag auf einem Sondergipfel Gespräche mit Moskau über Visa-Erleichterungen aussetzen oder gar Einreiseverbote verhängen sowie Bankkonten einfrieren.

Während einer weiteren Sitzung des UN-Sicherheitsrats sagte Botschafter Witali Tschurkin am Montag, Janukowitsch habe Kremlchef Putin und die russischen Streitkräfte nach dem Umsturz gebeten, „Recht und Ordnung wiederherzustellen“. Janukowitsch sehe sein Land am Rande des Bürgerkriegs und habe von offener Gewalt berichtet. Russland unterstützt nach wie vor Janukowitsch, obwohl er vom Parlament abgesetzt wurde. Der ukrainische UN-Botschafter Juri Sergejew warf Russland vor, es habe seit der Vorwoche rund 16 000 Soldaten auf die Krim verlegt.

Obama bilanzierte, Russland befinde sich im Ukraine-Konflikt „auf der falschen Seite der Geschichte“. Bei einem Treffen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte er vor Reportern im Weißen Haus: „Russland kann nicht straffrei seine Soldaten einsetzen und die Grundprinzipien verletzen, die rund um die Welt anerkannt werden.“ Wenn Russland weiter den Weg der Militärintervention beschreite, könne dies für das Land kostspielig werden.

Eine Sprecherin des Außenministeriums hatte zuvor gesagt, die USA bereiteten Sanktionen gegen Russland vor. Ein mögliches russisches Ultimatum an die ukrainischen Streitkräfte auf der Krim bezeichnete die Sprecherin als „gefährliche Eskalation“. Es gebe aber bislang keine unabhängigen Informationen darüber, ob entsprechende Medienberichte richtig seien. Ein Stabsvertreter der russischen Schwarzmeerflotte hatte die Berichte als „Blödsinn“ eingestuft.

Gefahr erneuter Spaltung Europas

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) will in Genf mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon über die Schaffung einer Kontaktgruppe sprechen. Mit dem Schweizer Präsidenten Didier Burkhalter, derzeit Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), erörtert Steinmeier zudem eine mögliche OSZE-Beobachtungsmission für die Ukraine. Steinmeier sieht Europa in der in der schärfsten Krise seit dem Mauerfall, wie er sagt. „25 Jahre nach dem Ende der Blockkonfrontation ist die Gefahr einer erneuten Spaltung Europas real.“

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnt unterdessen vor einer längeren Unterbrechung der Öl- und Gaszufuhr aus Russland im Falle einer Eskalation. „Das zur Zeit noch abstrakte Risiko einer Lieferunterbrechung beim Erdgas kann Deutschland für eine mittlere Frist kompensieren, längere Unterbrechungen aber nicht“, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer und Außenwirtschaftschef des DIHK, Volker Treier, im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). 2013 seien etwa jede dritte Tonne Erdöl und etwa 40 Prozent des Gases in Deutschland aus russischer Produktion gekommen.