Wenn die Grippewelle kommt, will der Kreis auch auf pensionierte Lehrer zurückgreifen. Foto: Stoppel

Eltern von Grund- und Sonderschülern müssen dennoch mit Unterrichtsausfällen rechnen, denn auch im Kreis Göppingen gibt es nicht genügend Lehrer – vor allem, wenn im Herbst die erste Grippewelle anrollt.

Kreis Göppingen - Die Entwicklung betrifft mehr oder weniger das ganze Land: Der Umbau des Schulsystems ist weitestgehend abgeschlossen, vielerorts sind Gemeinschaftsschulen entstanden und Haupt- und Werkrealschulen geschlossen worden, weil sich dort zu wenig Schüler angemeldet hatten. Nun stehen zwar kaum noch Schulschließungen an, dafür haben die Schulämter ein anderes Problem. Auf dem Markt gibt es zu wenige Pädagogen, vor allem Grund- und Sonderschullehrer sind derzeit gesucht.

Im Kreis Göppingen hat das Schulamt zwar zahlreiche neue Lehrer eingestellt, dennoch konnten nicht alle Stellen besetzt werden. Insgesamt wurden im Kreis 54 neue Lehrer eingestellt, 18 davon an den Grundschulen, acht an den Sonderschulen. „Wir könnten aber noch gut 15 weitere Sonderpädagogen brauchen und 10 weitere Grundschullehrer“, sagt der Leiter des Schulamts, Jörg Hofrichter.

Genaue Zahl der noch offenen Stellen noch unklar

Die genaue Zahl der noch offenen Stellen sei derzeit nicht klar, berichtet Hofrichter. „Denn erst wenn die Lehrer am Montag vereidigt werden, stellt sich heraus, in welchem Umfang sie arbeiten wollen.“ Schon in den vergangenen Jahren habe es immer wieder Überraschungen gegeben, wenn man sich etwa gefreut habe, einige neue Sonderpädagogen gefunden zu haben, und sich dann herausstellte, dass sie etwa aus familiären Gründen nur wenige Stunden pro Woche arbeiten wollten.

„Durch den Lehrermangel entsteht eine zwiespältige Situation“, sagt Hofrichter. Einerseits seien gesellschaftlich gewünschte wichtige Entwicklungsprozesse an den Schulen begonnen worden und es seien auch genügend Lehrerstellen eingeplant. Doch zur Umsetzung fehle nun teilweise das qualifizierte Personal. Die Herausforderung für das Schulamt sei in diesem Jahr die Unterrichtsversorgung in den Mangelbereichen und an den Schulen mit besonderem Bedarf sicherzustellen.

Manche Schulen müssen Zugeständnisse machen

In Göppingen sei die Situation allerdings wesentlich besser als in vielen anderen, sehr ländlich geprägten Kreisen. Der Regelunterricht zum Schulstart sei gesichert, berichtet Hofrichter. Und für die Zeit der Grippewellen im Herbst und Winter lägen bereits Notfallpläne in den Schubladen, die auch in den vergangenen Jahren funktioniert hätten.

Damit der Regelunterricht läuft, müssen manche Schulen allerdings Zugeständnisse machen. So würden an manchen Schulen etwa größere Klassen gebildet oder im Sportunterricht an manchen Grundschulen auf die Trennung von Jungen und Mädchen verzichtet, berichtet Hofrichter. Um mit Ausfällen, etwa während der Grippewellen zurecht zu kommen, wird das Schulamt wohl auch in diesem Jahr wieder zeitweise bereits pensionierte Lehrer als Aushilfskräfte beschäftigen. Zudem werden dann Lehrer mit reduziertem Deputat gebeten, ihre Stundenzahl vorübergehend zu erhöhen.

Ansonsten setzt sich der Trend fort, Empfehlungen für die weiterführende Schule zu ignorieren. Im Kreis Göppingen kommen zum neuen Schuljahr rund 2150 Kinder in die fünfte Klasse. Fast 600, also ein Drittel, von ihnen haben eine Empfehlung für Haupt-/Werkrealschule, doch nur 107 Kinder (rund fünf Prozent) wurden dort auch tatsächlich angemeldet. Die Mehrzahl wird entweder eine Realschule (840 Kinder) oder eine Gemeinschaftsschule (300 Kinder) besuchen. Ans Gymnasium wechseln knapp 800 Kinder, etwas weniger, als eine Empfehlung haben.

Die Entwicklung der Schullandschaft im Kreis

Gemeinschaftsschulen:
Die Entwicklung der Gemeinschaftsschulen im Kreis verläuft derzeit stabil. Die Anmeldezahlen sind zwar etwas zurückgegangen, der Leiter des Schulamts Jörg Hofrichter betrachtet das allerdings als ganz normal. „Die Anfangsdynamik ist weg, jetzt pendelt sich das alles auf einem normalen Niveau ein“, sagt er.

Werkrealschulen
: Wegen Schülermangels werden noch fünf Haupt- und Werkrealschulen geschlossen. Sie nehmen bereits keine neuen Schüler mehr an und laufen in den kommenden Jahren aus. Übrig bleiben dann weitere fünf Schulen: die Silcherschule in Eislingen, die Linden- und die Uhlandschule in Geislingen, die Walter-Hensel-Schule in Göppingen und die Schurwaldschule in Rechberghausen. Sie alle haben für das neue Schuljahr stabile Anmeldezahlen. Aus Sicht des Schulamts ist die Zukunft der Schulen gesichert, jetzt gehe es darum, die Standorte weiter zu optimieren.

Vorbereitungsklassen:
Die Zahl der Vorbereitungsklassen im Kreis hat an den weiterführenden Schulen abgenommen. Das liegt zum einen daran, dass immer mehr junge Flüchtlinge im Rahmen einer Berufsausbildung Deutsch lernen, zum anderen daran, dass die Zahl der Flüchtlinge abgenommen hat. Die Arbeit der letzten Jahre habe sich bezahlt gemacht, sagt Hofrichter. Viele Jugendliche könnten inzwischen so gut deutsch, dass sie den Regelunterricht besuchen könnten