An den Tischen in der neu renovierten Nürtinger Martin-Luther-Kirche herrscht reger Betrieb. Foto: Horst Rudel

Am 8. März öffnen sich in der Esslinger Frauenkirche, der letzten der drei Vesperkirchen im Kreis Esslingen, die Tore. Zeit für eine Zwischenbilanz.

Nürtingen/Kirchheim/Esslingen - In Kirchheim ist schon abgetragen, nachdem das letzte Essen am Sonntag ausgegeben worden war. In Nürtingen hat die Vesperkirche ihre Tore noch bis zum Sonntag, 16. Februar, geöffnet, und in Esslingen biegen die Vorbereitungen für das am 8. März beginnende gemeinsame Tafeln in der historischen Frauenkirche auf die Zielgerade ein.

In einer ersten Zwischenbilanz hat der Geschäftsführer des als Mitveranstalter in allen drei Kirchen mit am Tisch sitzenden Kreisdiakonieverbands Esslingen, Eberhard Haußmann, festgestellt, dass sich die Klientel der Vesperkirchen im Kreis Esslingen langsam aber sicher ändert. „Es kommen immer mehr ältere Menschen zu uns, die nicht unbedingt arm, aber einsam sind“, erzählt Haußmann.

Abwechslung im täglichen Einerlei

Die Zeit am gemeinsamen Mittagstisch würde als Abwechslung im täglichen Einerlei empfunden. „Wir sehen es daran, dass die Menschen schon weit vor der Ausgabe der Mahlzeiten da sind und auch nach Kaffee und Kuchen noch sitzen bleiben“, sagt Haußmann.

Auch wenn sich die Altersstruktur schleichend ändert, der Zulauf ist gleich geblieben. So sind in der Kirchheimer Thomaskirche im Verlauf der zweiwöchigen Vesperkirche pro Tag rund 270 Essen zum symbolischen Preis von je 1,50 Euro ausgegeben worden – an Spitzentagen auch mal 380. „In Kirchheim haben wir den Generationswechsel im Ehrenamt geschafft“, so Haußmann. Viele der Vesperkirchenpioniere aus der Gründungszeit hätten den Kochlöffel inzwischen weiter gegeben. „Das Ehrenamt auf Zeit ist vor allem für junge Leute attraktiv“, sagt Haußmann unter Hinweis auf die Altersstruktur der rund 200 Helferinnen und Helfer, die in den vergangenen beiden Wochen den Betrieb aufrechterhalten haben.

Nürtingen vor dem Generationswechsel

In Nürtingen steht dieser Generationswechsel zumindest in der Führungsmannschaft noch an. Sowohl die Seelsorgerin der Martin-Luther-Kirche, Barbara Brückner-Walter, als auch der Nürtinger Dekan Michael Waldmann sind auf Vesperkirchen-Abschiedstour. Beide gehen noch in diesem Jahr in den Ruhestand.

Die Vesperkirche ist nach einem Intermezzo in den Räumen des Gemeindehauses St. Stephanus im Roßdorf wieder zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. In den neu renovierten Räume der Martin-Luther-Anlage werden noch bis zum 16. Februar im Durchschnitt rund 300 Essen pro Tag ausgegeben. Hier liegt der Preis für das mehrgängige Menü unverändert bei einem Euro. Viel Lob von den Helfern gibt es für die nach dem Umbau doppelt so große Küche und das neue Foyer.

Esslingen steht in den Startlöchern

In Esslingen öffnet die Vesperkirche am Sonntag, 8. März, für dann drei Wochen ihre Pforten. Die Organisatoren erwarten wieder rund 8000 Besucher, die sich das Essen zu 1,50 Euro schmecken lassen werden. Anders als in Kirchheim und Nürtingen sitzt in der 95 000 Einwohner zählenden Stadt die Armut unübersehbar an den Tischen in dem gotischen Kirchenraum. So werben die Veranstalter auf der Internetseite www.vesperkirche-esslingen.de denn auch gezielt um Spenden. 35 Euro sind gleich zehn warme Mahlzeiten, 60 Euro decken die Kosten für den Essenstransporter an einem Tag, und mit 160 Euro lässt sich die Vesperkirche einen Tag lang warm halten, so lauten die dort aufgemachten Gleichungen.

Ob arm, alt oder einsam – zur Halbzeit der diesjährigen Vesperkirchen-Saison nimmt Eberhard Haußmann eine Botschaft mit nach Hause. „Wir müssen die Quartiersentwicklung in den Städten vorantreiben und mehr Begegnungsräume für die Menschen schaffen“, sagt er.