Die Debatte über den Sinn des von Gesundheitsminister Jens Spahn vorgelegten Gesetzentwurf zur Reduzierung der Finanzreserven der Krankenkassen geht munter weiter. Foto: dpa

Während der Gesetzentwurf zu den Finanzreserven der Kassen noch heftig debattiert wird, entdecken die Fraktionen von SPD und CDU nun das Thema Betriebsrenten.

Berlin - Während die Absicht des Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU), niedrigere Kassenbeiträge gesetzlich zu erzwingen, weiter heftige Debatten auslöst, wird in der Koalition bereits ein neues gesundheitspolitisches Thema kontrovers diskutiert: SPD und Teile der Unionsfraktion wollen, durchaus zum Unwillen des Ministers, die sogenannte doppelte Verbeitragung bei Betriebsrenten der gesetzlich Versicherten abschaffen. Damit ist gemeint, dass gesetzlich Krankenversicherte auf ihre Betriebsrente seit 2004 den vollen Beitragssatz für ihre Kranken- und Pflegeversicherung zahlen müssen. Zuvor war es nur der halbe Beitrag. Seit Jahren empören sich Hunderttausende Betriebsrentner über diese Regelung.

In den Koalitionsverhandlungen konnte sich die SPD mit ihrer Forderung nicht durchsetzen, die „Doppelverbeitragung“ zu beenden. Nun setzt sie das Thema wieder auf die Tagesordnung. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Sabine Dittmar, sagte unserer Zeitung: „Es gibt nach wie vor Vertragsformen, die von einer Doppelverbeitragung betroffen sind. Das ist ungerecht, hier sehe ich Handlungsbedarf.“

In der Union stieß das Vorhaben bislang auf Skepsis. „Es geht um ein Finanzvolumen von jährlich über fünf Milliarden Euro“, sagt Karin Maag, die gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. „Ich sehe noch nicht, wie das zu erbringen ist, ohne wichtige andere Vorhaben zu gefährden.“ Doch gibt es Bewegung. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Maik Beermann wirbt um Unterschriften für einen Brief an Fraktionschef Kauder, der unserer Zeitung vorliegt. Darin heißt es, die Doppelverbeitragung sei in manchen Fällen „eine Ungerechtigkeit unseren Wählern gegenüber“. Der Brief hat in kurzer Zeit bereits über ein Dutzend Unterzeichner gefunden.

„Kleine Kassen werden in Fusionen gezwungen“

Unterdessen hat die Absicht Spahns, die Krankenkassen zum Abschmelzen ihrer hohen Finanzreserven zu zwingen, am Montag unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Zustimmung kam vom Bund der Steuerzahler. Dessen Präsident Reiner Holznagel sagte, es sei an der Zeit, „die Beitragszahler jetzt zu entlasten“. Auch der Dachverband der Betriebskrankenkassen äußerte zumindest Verständnis. Vorstandschef Franz Knieps sagte unserer Zeitung: „Manche Kassen haben die Grenze dessen erreicht, was man an Reserven bunkern sollte. Ich verstehe, dass der Minister da eingreifen will.“ Spahn will festlegen, dass die Kassen nur noch eine Monatsausgabe vorhalten dürfen. Überschüssige Einnahmen sollen binnen drei Jahren abgebaut werden, sonst fließt das Geld zurück in den Gesundheitsfonds.

Andere Betriebskrankenkassen äußerten sich kritischer. So sagte Bernhard Zinser, Vorstand der BKK Voralb, der Minister zwinge reichere Kassen, Gelder in den Gesundheitsfonds zurückzugeben, „die letztlich die Versicherten angespart haben“. Vor allem kleinere Kassen würden „in Fusionen gezwungen“.