Marianne Schwab (links) und Christa Reich Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die evangelischen und katholischen Krankenhausseelsorger in Stuttgart setzen bei ihrer Arbeit auf die Unterstützung durch ehrenamtliche Mitarbeiter. Es geht darum, zuzuhören und Ängste und Sorgen ernst zu nehmen.

Stuttgart - „Wenn ich meine Patienten besuche, ziehe ich mir etwas Helles oder Buntes an“, sagt Christa Reich. Die 71-Jährige ist wie ihre Mitstreiterin Marianne Schwab (64) ehrenamtliche Krankenhausseelsorgerin. Reich ist für rund 40 Patienten der geriatrischen Reha-Station des Robert-Bosch-Krankenhauses da, Schwab Ansprechpartnerin für 50 Patienten der Neurologie im Marienhospital. Beide besuchen sie die Kranken einmal pro Woche gut einen halben Tag lang.

„Ich klopfe an der Zimmertür, trete ein und stelle mich dem Patienten vor“, sagt Reich und bekommt oft zu hören: „Was wollen Sie denn hier?“, „Mit Kirche hab’ ich nichts am Hut!“ und: „Über was sollen wir denn reden?“ Die Erfahrung der ehrenamtlichen Seelsorgerin: Nach anfänglicher Skepsis oder gar Ablehnung kommen oft gute Gespräche zustande. Und Schwab, die sich vor ihren Besuchen in der Klinik ebenfalls hell anzieht, ergänzt: „Wenn ich eine Abfuhr bekomme, schlucke ich zwar kurz. Dann sage ich mir aber, dass ich das nicht persönlich nehmen darf.“

Beide ehrenamtlichen Seelsorgerinnen sind sich einig: Sie wollen die Patienten nicht missionieren, sondern ihnen ein Angebot machen, das Angebot, zuzuhören, Ängste und Sorgen ernst zu nehmen. Dabei kann, muss es aber nicht um Glaubensdinge gehen. Doch erleben beide immer wieder, dass für Kranke die Fragen nach Gott, Schuld gegenüber Verwandten, Versöhnung und die Frage nach dem, was nach dem Tod kommt, wichtiger werden.

Helle Kleidung ist sinnvoll

Sich vor ihren Patientenbesuchen hell zu kleiden haben die beiden ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen im ökumenischen Kurs für Krankenhausseelsorge gelernt. Bislang haben die evangelische Pfarrerin Irmtraud Ahlers und ihr katholischer Kollege Hubertus Busch in zwei Kursen à 130 Stunden 18 Frauen und einen Mann zu ehrenamtlichen Krankenhausseelsorgern ausgebildet. 15 tun derzeit an fast allen Stuttgarter Kliniken Dienst. Im Kurs lernen sie nicht nur, wie sie sich anziehen sollen, damit sie auf die Patienten positiv wirken, sondern vor allem auch gute Gesprächsführung. „Kranke sind dünnhäutig. Sie befinden sich in einer Ausnahmesituation. Das erfordert ein besonderes Maß an Einfühlungsvermögen und Achtsamkeit“, sagt Ahlers.

Im Kurs lernen die Ehrenamtlichen, auf ihr Gegenüber einzugehen, und sie vertiefen ihre religiösen Erfahrungen. Sie lernen das Krankenhaussystem und dessen Regeln kennen. Nach der Theorie absolvieren die Ehrenamtlichen ein Praktikum an einer Klinik. Nach der Ausbildung begleitet sie ein hauptamtlicher Seelsorger als Mentor in ihrer Arbeit.

Den steigenden Bedarf an Krankenhausseelsorgern machen Ahlers und Busch daran fest, dass die Zahl der Singlehaushalte wächst und auch sehr viele ältere Menschen alleine leben, so dass sie im Krankheitsfall nur selten oder keinen Besuch haben. Da die Verweildauer der Menschen in den Kliniken auch aufgrund der Fallpauschalen immer kürzer wird, können die 32 evangelischen und katholischen hauptamtlichen Seelsorger nicht mehr bei allen Patienten anklopfen.

„Um möglichst viele Patienten zu erreichen, ist die Unterstützung durch Ehrenamtliche wichtig“, sagt Ahlers. Besucht werden sollen alle Patienten, die das wollen: egal, welcher Religion sie angehören. Nicht von ehrenamtlichen Seelsorgern werden Patienten auf der Intensivstation, in der Psychiatrie und Kinder betreut. „Dafür ist eine Spezialausbildung notwendig“, sagt Busch. Für die ehrenamtliche Mitarbeit in der Klinikseelsorge entschieden haben sich Reich und Schwab, weil sie mit Menschen arbeiten wollen. Und beide erleben, dass „viel zurückkommt“, wenn sich ihnen die Patienten öffnen.

Nächster Kurs für ehrenamtliche Klinikhausseelsorger: 1. April. Anmeldeschluss: 19. Februar. Eigenanteil: 100 Euro. Infos unter Telefon 07 11 / 278 - 3 29 01.