Gefährliche Keime im Krankenhaus verursachen zahlreiche Todesfälle. Foto: dpa

In Deutschland sterben mehr Menschen durch Krankenhauskeime als durch Verkehrsunfälle. Vor Gericht haben Betroffene oder deren Angehörige meist kaum eine Chance, gegen die Hospitäler vorzugehen. Die Justizminister wollen nun die Patientenrechte stärken.

Stuttgart - Die Zahlen sind gewaltig. In Deutschland sterben deutlich mehr Menschen an Krankenhauskeimen als an Verkehrsunfällen. Laut Hochrechnungen des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) erleiden pro Jahr deutschlandweit etwa 500 000 Menschen eine Infektion im Krankenhaus, 15 000 Menschen sterben sogar an den Folgen davon. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) geht sogar von 900 000 Infektionen und bis zu 40 000 Todesfällen aus. Ist die akute Gesundheitsgefahr beseitigt, stellt sich in vielen Fällen ein juristisches Problem. Betroffene haben mit ihren Klagen kaum eine Chance. Das wollen die Justizminister der Länder künftig ändern.

Bei der nun zu Ende gegangenen Justizministerkonferenz haben sich die 16 Ressortvertreter einstimmig einer Forderung angeschlossen, die von Baden-Württemberg und Niedersachsen vorangetrieben wurde. In diesem speziellen Fall des Arzthaftungsrechts soll es künftig zu einer Beweislastumkehr kommen. Bisher gilt: Der Patient hat zu beweisen, dass eine medizinisch notwendige organisatorische Hygienemaßnahme nicht eingehalten worden ist. Künftig soll es zu einer Beweislastumkehr bei den Fällen kommen, bei denen Hygiene-Empfehlungen wie die des Robert-Koch-Instituts nicht vom Krankenhaus umgesetzt worden sind. „Mit der Forderung nach einer Beweislastumkehr bei Hygieneverstößen haben sich die Justizminister unserem wichtigsten Vorschlag im Arzthaftungsrecht angeschlossen“, sagt der baden-württembergische Ressortchef Guido Wolf (CDU).

Die Justizminister haben nun den Bundesgesetzgeber dazu aufgefordert, eine entsprechende Regel zu erlassen. Wann dies der Fall sein wird, ist im Augenblick noch nicht absehbar und hängt mit der Regierungsbildung in Berlin zusammen. Da die Entscheidung der Justizminister einstimmig ergangen ist, ist für den Fall einer länger andauernden Regierungsunfähigkeit auch eine Gesetzgebungsinitiative durch den Bundesrat möglich.

Auf einen noch weitergehenden Vorschlag aus Baden-Württemberg konnten sich die Justizminister bei ihrer Herbsttagung hingegen nicht verständigen. Der hätte vorgesehen, dass es auch in anderen Arzthaftungsfällen, die nichts mit Krankenhauskeimen zu tun haben, zu signifikanten Beweiserleichterungen für Patienten gekommen wäre. Dafür haben die Justizminister bei ihrem Vorstoß in Sachen Krankenhauskeime einen starken Verbündeten. Auch der Bundesgerichtshof hat unlängst in einem Beschluss erklärt, dass Patienten schützenswerter sind, als sie es bisher seien, und darauf vertrauen können müssen, dass Ärzte und Pflegepersonal bei der Hygiene fachkundig handeln.