Die Baustelle des Klinikums an der Kriegsbergstraße Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Neubau des städtischen Klinikums wird nochmals um einen zweistelligen Millionenbetrag teurer. Auch der Abbau des Defizits ist schwieriger als geplant und geht in die Verlängerung.

Stuttgart - Das städtische Klinikum am Standort Kriegsbergstraße ist seit Jahren eine Baustelle. Und seit dem Start werden von Zeit zu Zeit neue Zahlen geliefert zu den Kosten, die steigen, und zur Bauzeit, die länger wird. Das ist jetzt wieder so. Der im Bau befindliche Projektteil direkt an der Kriegsbergstraße, der die innere Abteilung und die Intensivmedizin beherbergen soll und in dem sich künftig der neue Haupteingang befinden wird, sollte nach der vorherigen Kalkulation 158,8 Millionen Euro kosten (gestartet war man bei 127 Millionen Euro). Nun rechnet man mit Baukosten von 174,7 Millionen Euro, das wären nochmals 15,9 Millionen Euro mehr.

Krankenhausbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) begründet die Kostensteigerung mit einigen Verbesserungen, mit neuen gesetzlichen Vorgaben sowie mit „baulichen Anpassungen“ durch die jüngste Umplanung vor gut eineinhalb Jahren. Danach wird nicht nur der Ersatzbau für den Katharinenhof, dem heutigen Haupteingang mit dem lichtdurchfluteten Innenhof und mit den operativen Abteilungen, größer als ursprünglich vorgesehen. Auch die das Katharinenhospital (KH) durch ihre Höhe bisher optisch prägenden Bettenhäuser sollen doch durch Neubauten ersetzt werden. Alle Baukörper bilden nun architektonisch und funktionell einen zusammenhängenden Komplex. Zu diesem zählt auch ein zusätzliches Bauelement an der Ecke von Kriegsbergstraße und Herdweg, an der Stelle des alten Verwaltungsgebäudes, wo ein Neubau mit dem Zentrum für Nuklearmedizin und Strahlentherapie sowie sogenannte Portalpraxen entstehen.

Die nächste Ausschreibung läuft

Durch diese Umplanung waren die Kosten für den zum größten Teil noch zu erstellenden Komplex von angesetzten 430 Millionen Euro auf 753 Millionen Euro angestiegen. Nun sagt der Krankenhausbürgermeister: „Bei diesen 753 Millionen Euro sollten wird bleiben.“ Man will versuchen, an der einen oder anderen Stelle noch Kosten zu reduzieren. „Aber das ist ambitioniert“, räumt Thomas Fuhrmann ein. Denn die Qualität des Neubaus dürfe sich durch etwaige Abstriche „nicht negativ verändern“.

Dass es auch bei diesen Kosten nicht bleiben wird, ist wahrscheinlich. Nicht nur, weil schon jetzt deutlich höhere Summen an Mehrkosten für die laufenden Projekte kolportiert werden. Das Klinikum befindet sich derzeit auch im Ausschreibungsverfahren für das nächste größere Teilprojekt, den zusätzlichen Neubau mit Nuklearmedizin, Strahlentherapie und Portalpraxen. 52,6 Millionen Euro sind dafür angesetzt. Doch ausgelastete Bauunternehmen und steigende Preise machen die Sache schwierig. Man sei hier, auch was die zeitlichen Abläufe angeht, „auf einem kritischen Pfad“, sagt der kaufmännische Geschäftsführer des Klinikums, Alexander Hewer.

Geschätzte Gesamtkosten: bis jetzt 1,35 Milliarden Euro

Es dürfte also aller Wahrscheinlichkeit nach nicht bei den 1,35 Milliarden Euro bleiben, die bis jetzt für die gesamte Umstrukturierung des städtischen Klinikums angesetzt sind. Darin enthalten sind etwa die Kosten für das fertiggestellte Doppelprojekt mit dem Kinderhospital Olgäle und der Frauenklinik, das anfangs mit 268 Millionen Euro kalkuliert war und schließlich 355 Millionen Euro gekostet hat. Angesichts der jüngsten Entwicklung stellt sich einmal mehr die Frage, wer die weiter auflaufenden Mehrkosten tragen muss, die Stadt oder das Klinikum selbst. Von Seiten der Personalvertretung heißt es, dies dürfte nicht zu Lasten der Belegschaft gehen.

Durch die Einigung mit dem Generalübernehmer für das neue Hauptgebäude hat man zumindest für dieses einen Fertigstellungstermin. Ende dieses Jahres soll die Übergabe sein. Bis zum Einzug wird es dann aber noch ein weiteres Jahre dauern, bis ins vierte Quartal 2021. Bis dahin werden zu den Baukosten unter anderem für die Einrichtung und für die Medizintechnik nochmals etwa 30 Millionen Euro ausgegeben werden.

Defizit wird wieder steigen

Die gesamte Neuordnung des Klinikums, zu der auch die Aufgabe des Standorts Bürgerhospitals und der abgeschlossene Neubau der Psychiatrie in Bad Cannstatt gehört, sollte ursprünglich 2016 fertig sein. Dann ging man von einem Abschluss aller Teilprojekte im Jahr 2022 aus. Aber selbst bis 2028, dem 200-Jahr-Jubiläum des Katharinenhospitals, wird man das nicht schaffen. Für den Gesamtkomplex habe man das Ziel, diesen „Ende der 2020er Jahre abzuschließen“, sagt Alexander Hewer eher vage.

Auch der Abbau des immer noch beträchtlichen Defizits läuft nicht nach dem vorgegebenen Zeitplan. Schon 2021, also im nächsten Jahr, sollte dieses beseitigt sein. Doch das klappt nicht. „Obwohl das Klinikum eine sehr, sehr positive Entwicklung nimmt, haben wir nachbessern müssen“, sagt Krankenhausbürgermeister Thomas Fuhrmann. Alexander Hewer, der kaufmännische Geschäftsführer, erklärt: „Der Weg zur schwarzen Null hat sich etwas verlängert.“ Obwohl man das Defizit Schritt für Schritt reduziert hat und 2019 auch tatsächlich das avisierte Minus von 11,2 Millionen Euro erreicht hat. Im laufenden Jahr aber dürfte dieses wieder etwas steigen, auf voraussichtlich 12,3 Millionen Euro, das sind 8,2 Millionen Euro mehr als nach dem bisherigen Plan. In den nächsten Jahren soll das Minus dann wieder schrittweise vermindert werden, bis auf 2,1 Millionen Euro im Jahr 2024.

Fachkräftemangel beschränkt Leistungsbilanz

Alexander Hewer begründet die Entwicklung unter anderem mit einigen für die Krankenhäuser teuren gesetzlichen Neuerungen. So müssen diese künftig beispielsweise Strafen bezahlen, wenn der neugeordnete Medizinische Dienst Abrechnungen beanstandet. Und der Fachkräftemangel wirkt sich negativ auf das Ergebnis des Klinikums aus. „Wir haben kein Nachfrageproblem, wir haben ein Angebotsproblem“, sagte der kaufmännische Geschäftsführer. So könnte das Klinikum mehr Leistungen erbringen und mehr Erlöse erzielen, wenn nicht das Personal so knapp wäre. Von rund 2600 Vollzeitstellen in der Pflege seien rund 200 nicht besetzt, so Hewer. Einmal mehr wehrte er sich gegen den Vorwurf, das Klinikum verzerre den Wettbewerb, weil es seit geraumer Zeit Zulagen für Funktionskräfte etwa in der Intensivmedizin bezahlt. Das machten auch andere, namentlich das Robert-Bosch-Krankenhaus zahle „massiv Zulagen“.