Verdi-Mitglieder demonstrieren auf dem Schlossplatz gegen den drohen Personalabbau in den Kliniken Quelle: Unbekannt

337 Millionen Euro gibt das Land jedes Jahr für Klinikbauten aus - zu wenig, meint Verdi.

Stuttgart - 337 Millionen Euro gibt das Land jedes Jahr für Klinikbauten aus - zu wenig, meint die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Weil die Krankenhäuser Geld für Anschaffungen und Bauten benötigten, sparten sie auf Kosten des Personals.

Baden-Württembergs Krankenhäuser können sich nach Darstellung der Gewerkschaft Verdi nicht genügend um die Patienten kümmern, weil sie das Geld für Baumaßnahmen benötigen. Um Zinsen und Tilgung für Kredite zu finanzieren, sparten sie am Personal, lautet der Vorwurf der Dienstleistungsgewerkschaft.

"Wir gehen davon aus, dass über 5500 dringend benötigte Stellen in den Kliniken nicht besetzt werden können", sagte Günter Busch vom Verdi-Landesverband unserer Zeitung. Verantwortlich sieht er dafür in erster Linie die Landesregierung.

Verdi will Landesregierung unter Druck setzen

Entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung, die Kosten für Bauinvestitionen an den Kliniken zu übernehmen, investiere sie viel zu wenig. Lediglich zu 50 bis 60 Prozent sei das Land mit im Boot - nach Auffassung von Verdi zu wenig. Das führe dazu, dass die rund 300 Krankenhäuser im Südwesten derzeit etwa 278 Millionen Euro pro Jahr aus den laufenden Mitteln aufbringen müssten. Diese stammen von den Krankenkassen und sind eigentlich für die Patientenversorgung vorgesehen.

"Diese Gelder fehlen an allen Ecken und Enden", sagt Busch. Deshalb sparten die Kliniken zunehmend am ohnehin schon knappen Personal. "Wir Beschäftigte und unsere Patienten zahlen einen hohen Preis für diese unverantwortliche Politik", sagt Thomas Böhm, Gesamtpersonalratsvorsitzender des städtischen Klinikums Stuttgart. Allein in diesen Häusern summierten sich die Mittel für Abschreibungen und Zinsen auf rund 120 Stellen.

Mit einer Kampagne nach dem Motto "Baustellen nicht mit Personalstellen finanzieren" will Verdi in den nächsten Monaten die Landesregierung unter Druck setzen und für eine Verdoppelung der Investitionsmittel werben. Eine erste Aktion dazu gab es bereits am vergangenen Freitag auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Unterschriftensammlung in den Kliniken

Sozialministerin Monika Stolz (CDU) hält der Gewerkschaft entgegen, aktuell werde für die Krankenhausbauten im Land so viel Geld ausgegeben wie nie zuvor: "Wir haben die Mittel in den vergangenen Jahren deutlich aufgestockt", reagiert sie in einer Mitteilung auf die Vorwürfe. Trotz der Finanzkrise, die dem Land erhebliche Steuerausfälle gebracht habe, bleibe die Höhe des Fördervolumens in den Jahren 2010 und 2011 nahezu konstant.

Unterstützung erhält die Ministerin von der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG). Der Südwesten habe bei der Investitionsförderung mehr getan als andere Bundesländer, sagte vor einiger Zeit der BWKG-Vorstandschef und Reutlinger Landrat Thomas Reumann. Allerdings bestehe nach wie vor ein Antragsstau von 1,5 Milliarden Euro.

Für dieses Jahr liegen in dem Krankenhaustopf 337 Millionen Euro, im kommenden Jahr sollen es 332,5 Millionen sein. Stolz verweist auch auf die 174 Millionen, die zusätzlich bis Ende 2011 aus den Konjunkturprogrammen für die Kliniken abfallen. Davon profitieren allerdings lediglich 25 Kliniken im Land. Außerdem läuft dieses Konjunkturprogramm nächstes Jahr aus - Verdi aber fordert eine dauerhafte Erhöhung.

Unterschriftensammlung in den Kliniken

Der baden-württembergische Städtetag wäre schon froh, wenn es auch in den nächsten Jahren bei der aktuellen Förderung bliebe. "Eine Reduzierung würde die flächendeckende Notfallversorgung im Land gefährden", sagt Verbandssprecher Manfred Stehle zu Gerüchten, wonach die Landesregierung demnächst auch bei der Krankenhausförderung den Rotstift ansetzen will. Die Mittel müssten mindestens auf dem aktuellen Niveau belassen werden, forderte Stehle.

Verdi plant nun eine Unterschriftensammlung in den Kliniken und andere Aktionen. Anfang November ist auch ein Sondierungsgespräch über eine Zusammenarbeit mit der BWKG, dem Landkreis- und dem Städtetag geplant. "Wir machen jetzt Druck", sagt Busch.

An den momentanen Verantwortungen für die Klinikfinanzierung - das Land für die Bauten, die Kassen für den Betrieb - will jedoch auch die Gewerkschaft nicht rütteln. Wenn die Kassen komplett für die Investitionen aufkämen, so Busch, wäre der Einfluss darauf noch viel geringer.