Norkoreas Diktator Kim Jong-Un, hier mit Abgesandten der Kommunistischen Partei, nutzt die Atomtests auch innenpolitisch zur Stabilisierung seiner Macht. Foto: AFP

Das mit dem Atomkrieg zündelnde Nordkorea kann abgeschreckt und eingedämmt werden. Dazu muss der Rest der Welt aber möglichst geschlossen auftreten. Und vor allem braucht es China, meint unser Kommentator Michael Weißenborn.

Stuttgart - Die nordkoreanische Nachrichtensprecherin glüht voller Stolz und Freude, als sie am Wochenende verkündet, ihr Land habe erfolgreich eine Wasserstoffbombe gezündet, klein genug, um sie auf eine Interkontinentalrakete zu montieren. Der Rest der Welt ist darüber weit weniger glücklich. Scheint doch einmal mehr bewiesen: Nordkoreas Diktator Kim Jong-un ist sein Atomprogramm – allen übertriebenen Hoffnungen zum Trotz – nicht auszureden. Mag es hier und da auch noch Zweifel geben, ob die Bombe, mit der sich der 33-Jährige im Staats-TV brüstete, tatsächlich eine Wasserstoffbombe war und ob das bitterarme kleine Land in Nordostasien wirklich schon eine Rakete besitzt, mit der sich US-Festland bedrohen ließe: Klar scheint, dass Kim wohl sehr bald über diese illegalen Fähigkeiten verfügen wird.

„Jeder, der Ihnen sagt, was Nordkorea will, lügt oder spekuliert“, beschreibt der US-Abrüstungsexperte Jon Wolfsthal die große Ratlosigkeit in den Hauptsädten von Seoul bis Washington. Niemand weiß, welche Ziele Kim, der nicht davor zurückschreckt, Rivalen auch eigenhändig auszuschalten, mit seinen atomaren Ambitionen verfolgt: Will er damit wie sein Vater lediglich das Überleben seines Regimes sichern? Oder will er die USA, Japan oder Südkorea nuklear erpressen? Strebt er eine gewaltsame Wiedervereinigung des bald seit 70 Jahren geteilten Koreas an oder will er sich in Verbindung mit immer aggressiveren Cyberangriffen straflos bereichern? Das Regime könnte zudem im Süden Terror unterstützen und seine Waffen an andere Schurken oder Terroristen verkaufen. Allesamt alarmierende Aussichten.

Umso wichtiger wäre es, dass der Rest der Welt, angeführt von den USA und China, möglichst ge- und entschlossen reagiert. Wenn Nordkorea nicht die USA oder eine ihrer Verbündeten mit einem Atomangriff bedroht, verbietet sich eine militärische Lösung. Selbst ohne den Einsatz von Nuklearwaffen wäre im Falle eines neuen Korea-Krieges mit horrenden Opferzahlen zu rechnen. Versuche, der Kim-Dynastie das Nuklearprogramm wegzuverhandeln, im Austausch gegen Wirtschaftshilfen oder einen Friedensvertrag, sind bisher stets gescheitert. 1994 und 2005 war Pjöngjang nur an der Hilfe interessiert, vom ausgehandelten Verzicht auf Atomwaffen wollte das Regime dagegen nichts mehr wissen. Bei all dem Aufwand, den das Land seither betrieben hat, ist es nahezu utopisch, dass Nordkorea sein Arsenal aufgibt.

Zwischen Tiraden und unrealistischen Drohungen

Bleibt als Option die Abschreckung und Eindämmung der De-facto-Atommacht Nordkorea. Dazu gehört ein Bekenntnis – keine Kriegserklärung – der USA, einen Nuklearangriff Nordkoreas umgehend zu erwidern. US-Verteidigungsminister James Mattis hat zuletzt den Anfang dazu gemacht. Der Minister ist aber kein Ersatz für den US-Präsidenten Donald Trump. Doch der irrlichtert lieber zwischen Tiraden und der unrealistischen Drohung, den Handel „mit jedem Land, das mit Nordkorea Geschäfte macht“ zu beenden.

Zur Eindämmung Nordkoreas gehört auch, dass die USA ihre Unterstützung Japans und Südkoreas verstärken, konkret den nuklearen Schutzschirm auch formell über diesen Ländern aufspannt und die Raketenabwehr ausbaut. Auch die Sanktionen gegen Nordkorea brauchen endlich Biss. Dazu muss China davon überzeugt werden, dass es langfristig mit einem wiedervereinigten und wohlhabenden Korea an seiner Südgrenze besser fährt als mit einer unberechenbaren Lumpendiktatur. Pekings wachsender Zorn über Pjöngjangs Atomwaffentests bietet dafür die Gelegenheit.