Protest vor dem Rathaus gegen den neuen Partner der Stadtwerke Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Gemeinderat hat am Donnerstag die Verträge der Stadtwerke Stuttgart (SWS) mit der Netze BW (früher EnBW) gegen scharfe Kritik der Fraktion SÖS/Linke-Plus gebilligt.

Stuttgart - Der Gemeinderat hat am Donnerstag die Verträge der Stadtwerke Stuttgart (SWS) mit der Netze BW (früher EnBW) gegen scharfe Kritik der Fraktion SÖS/Linke-Plus gebilligt. Damit übernehmen die SWS für 158 Millionen Euro 74,9 Prozent am Strom- und Gasnetz und zunächst 25,1 Prozent an der Netzbetreibergesellschaft. Am 1. Januar 2019 steigen die Stadtwerke auch beim Betrieb zum Mehrheitsgesellschafter auf.

Der Abschluss der über Jahre betriebenen Konzessionsvergabe wurde im Rathaus von Protesten begleitet. Der Ratschlag Energiewende mit mehreren Umweltgruppen sieht in der neuen Gesellschaft mit dem bisherigen Betreiber EnBW keine Wende zu nachhaltiger Energiepolitik. Der Großkonzern werde ein „Bremsklotz“ sein. Dezentrale Ansätze spielten in der Geschäftspolitik der EnBW keine Rolle, so Jürgen Schmid, Umweltsprecher der Naturfreunde.

OB Fritz Kuhn (Grüne) hatte die Kooperation vor Monaten als „revolutionäre Keimzelle der Energiewende“ bezeichnet. Die EnBW sei ein „Konzern im Übergang, man darf sie nicht pauschal verteufeln“, so Kuhn am Donnerstag. Seine Rede wurde von Zwischenrufen von der Tribüne begleitet, der extremste gipfelte im „Lüge“-Vorwurf.

Fast alle Fraktionen loben den Neuanfang, der den 2002 erfolgten Komplettverkauf der Netze an die EnBW korrigiert. Die Einschätzungen differieren aber durchaus. Bernd Klingler (FDP) bezeichnet die EnBW als „hervorragenden Partner“, es sei die optimale Lösung. Peter Pätzold (Grüne) warnt davor, die EnBW zu diskreditieren. Dejan Perc (SPD) sieht dagegen „nicht das partnerschaftliche Verhältnis, das wir uns wünschen“, weil es beim Hochspannungs- und Hochdrucknetz zu einem Gerichtsverfahren über die Zuordnung kommen wird.

Hannes Rockenbauch sieht in der EnBW die falsche Wahl. Die Intransparenz des Verfahrens mit nicht komplett veröffentlichten Verträgen sei ein Skandal, der EnBW 26,7 Millionen Euro für den Aufbau der Betriebsgesellschaft zu gewähren sei nicht nachvollziehbar. Und nicht einmal die Berater der Stadt könnten die Erlösobergrenzen-Aufspaltung nachvollziehen. Nur zwei der 60 Stadträte haben die vertraulichen Unterlagen nach Auskunft der städtischen Pressestelle eingesehen.

Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) verteidigte die Netzaufbau-Position . Die 26,7 Millionen Euro, von CDU-Chef Alexander Kotz als „Prämie“ bezeichnet, sei „kein Handgeld“, sondern angemessen, weil die EnBW Risiken übernehme. In den ersten fünf Jahren werde der Konzern mit dem Aufbau der neuen Betriebsgesellschaft eine zweistelligen Millionenverlust einfahren.