Kurt Vile, hier bei einem Konzert in New York Foto: AFP

Der US-Songwriter Kurt Vile ist ein hervorragender Instrumentalist und ein sehr guter Sänger: zwei gute Gründe, warum die Schorndorfer Manufaktur am Montagabend ausverkauft war.

Schorndorf - Man wundert sich natürlich, wie es gelingen kann, dass an einem schnöden Montagabend rund sechshundert Besucher in die seit Wochen ausverkaufte (!) Schorndorfer Manufaktur kommen – um einen Songwriter zu sehen, der gewiss bekannt, aber nun auch nicht gerade außerordentlich prominent ist.

Aber die Erklärung ist einfach. Beziehungsweise zweifach, denn sie hat längst nicht nur etwas mit der nach wie vor ungebremsten Freude der Menschen an gepflegter Livemusik zu tun; auch nicht nur etwas damit, dass Vile als einstiger Mitbegründer der Band The War on Drugs schon Meriten einsammeln konnte; und ebenfalls nicht nur etwas damit, dass er mit der bezaubernden australischen Songwriterin Courtney Barnett vor zwei Jahren das wirklich schöne Album „Lotta Sea Lice“ veröffentlicht hat.

Zwei Dinge sprechen für ihn

Es ist vielmehr zum einen die hervorragende Singstimme, über die der Mann aus Philadelphia verfügt. Sie ist samten, sie wirkt sehr intim, sein tiefer Bariton strahlt Wärme aus, zugleich ist er klar und vor allem kräftig. Wer nach Vergleichen aus jenen Genres sucht, in denen sich Kurt Vile tummelt, muss lange suchen, um ein ähnlich herausstechendes und prägnantes Organ zu finden.

Zum zweiten sind es die instrumentalen Fertigkeiten, die Vile auszeichnen. Der 39-Jährige spielt hervorragend Gitarre, sowohl elektrische wie auch akustische, die er bald gleichrangig bei seinem neben einem Auftritt in Berlin einzigen Deutschlandkonzert – auch das mal wieder bemerkenswert – in Schorndorf bedient. Kurt Vile kann sehr filigran spielen ohne störende Verfärbungen, aber auch sehr druckvoll, ohne dass Dissonanzen den stimmigen Klang trüben würden.

Es geht auch ohne Schnickschnack

Und so entsteht eine auch von den Tonlagen her vorzüglich Gesang und Musik zusammenbindende Melange, die zwar eindeutig im Alternativebereich zu verorten ist, die aber doch auf allzu schroffe Brüche verzichtet, und die man in einem so feinen Zusammenwirken selten hört. Überdeutlich wird dies zwischendurch in seiner kleinen, zu Recht mit donnerndem Applaus quittierten Soloeinlage an der Gitarre, aber auch im Rest des Konzerts, das Vile mit seiner gänzlich unprätentiös agierenden dreiköpfigen Begleitband The Violators spielt. Die bei ihm oft bemühten Vergleiche mit Bruce Springsteen, Neil Young und Beck treffen daher durchaus: gute weil auch variantenreiche Rockmusik, die sich nicht zwingend mit dem Attribut „Alternative“ vom Mainstream absetzen muss, weil sie es allein durch ihre Wirkung ohnehin tut.

Stilistisch zeichnet sich Kurt Viles Musik zwar nicht durch übermäßigen Variantenreichtum aus, der Sänger gibt sich in der Manufaktur auch extrem wortkarg, fast schon schüchtern anmutend, auf jeden Zierrat wird zudem verzichtet. Dennoch kommt in dem (leider mal wieder sehr spät erst um Viertel vor Zehn beginnenden Konzert) nie Langeweile auf: zu vorzüglich wird hier musiziert, zu sehr schlägt diese Singstimme in den Bann. Schön, dass es so etwas auch noch gibt: firlefanzfreie Konzerte, bei denen allein die Güte der Musik für sich spricht.