Der Nino aus Wien spielt am Freitag coronabedingt vor einem kleineren Publikum. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Der Nino aus Wien hat wieder in Stuttgart vorbeigeschaut – und im Wizemann als leidenschaftlicher Phlegmatiker überzeugt.

Stuttgart - Natürlich: Der Hype um Bands wie Wanda, Bilderbuch oder Granada hat auch ihm geholfen. Doch der Nino aus Wien – bürgerlich: Nino Mandl – hat die ungefähr 2013 hochgeschwappte Austropop-Welle bisher eher gemieden als geritten. Rot-weiß-roter Schmäh 2.0 für die Indie-Disco? Selbstverständlich gibt es den hier und da auch bei ihm. Doch nie benutzt dieser lakonische Leidenschaftsmusiker jene schlitzohrige Mischung aus Charme und Nonchalence, aus schwarzem Humor und doppelbödiger Freundlichkeit als verkaufsfördernde Folklore, um seine Musik exporttauglich zu machen.

Das Wienerische ist beim Nino halt einfach da, weil diese Stadt sein ureigenstes Biotop ist. Oder es ist eben weg, weil dieser Songwriter nicht nur über das Lebensgefühl zwischen Florisdorf und Liesing schreibt, sondern über das Leben an sich: das Suchen, den Fußball, das Fremdgehen und Betrogenwerden oder – nun eben doch sehr wienerisch – die Geheimnisse der besten Schlagoberstorte oder des perfekten Gulasch.

Auch im elften Berufsjahr hält es der Nino lieber mit echter Wehmut als mit falscher Coolness. Im Wizemann klingt er zum Auftakt in „Taxi Driver“ jedenfalls eher wie ein Neffe von Sven Regener, dem Sänger von Element Of Crime; später dann öfter mal wie ein junger Dylan von der Donau. Durchweg sympathisch walzert und schrammelt und scheppert sich der neunzigminütige Abend so zwischen Rock und Folk und ein wenig Blues voran, und der Nino und seine Begleitet an Bass, Gitarre, Schlagzeug und ein bisschen mehr erweisen sich als bestens eingespieltes Quartett.

Mandl eher als Interpret eine Marke

Richtig große Melodien wollen dem Komponisten Mandl freilich nur schwer gelingen, so sehr er als Interpret eine Marke ist, so unauffällig bleibt er als Songwriter. So ist in erster Linie David Wukitsevits mit seinem großartig resoluten Rockschlagzeug für die Höhepunkte im Sound zuständig. Oder Bassist pauT, der bei seinem Wechsel an die Gitarre ein flammend psychedelisches Solo schraddelt oder auch mal zur Klarinette greift. Jenseits solcher eruptiver oder elegischer Momente funktioniert diese Musik indes eher als erdige Unaufgeregtheit, das aber ziemlich ordentlich.

Mandl inszeniert sie mit einer slackerhaften Mischung aus Phlegma, Romantik und Lässigkeit – nach inzwischen diversen Auftritten in Stuttgart und Umgebung ist diese Gangart mittlerweile hinlänglich bekannt. Dass sie im ursprünglich vorgesehenen Merlin fraglos besser funktioniert hätte als im an diesem Freitagabend coronakonform, mit reichlich Abstand zwischen den Sitzreihen und -plätzen hergerichteten Wizemann? Man merkt’s diesem Konzert schon an, obwohl rund 200 durchaus begeisterungsbereite Fans den Umzug vom Stuttgarter Westen an den Pragsattel mitgemacht haben. Ein halbvolles Glas mag manchmal für einen tüchtigen Schluck Optimismus genügen, ein halbleerer Saal aber nur sehr bedingt für einen wirklich schwungvollen Abend.