Marco Reus will auch in der neuen Saison wieder jubeln – und endlich die Schale hochhalten. Foto: Getty

Der Vizemeister nimmt die Vorbereitung auf die neue Saison auf – mit einer klaren Zielsetzung: Borussia Dortmund will deutscher Meister werden. Doch wie will der BVB den FC Bayern vom Thron stoßen?

Stuttgart/Dortmund - Die neue Zeitrechnung begann ohne die Neuen. Gut, Mats Hummels war da, er absolvierte wie die schon anwesenden Teamkollegen hinter verschlossenen Türen den Leistungstest, ansonsten aber ging es noch recht ruhig zu am Mittwoch im Dortmunder Osten.

Frischer Wind aber wehte dennoch durchs Trainingszentrum des BVB in Brackel. Und einer, der wie die anderen Nationalspieler und Neuzugänge noch im Urlaub weilt, unterstrich die allgemeine Aufbruchsstimmung beim Vizemeister. Kapitän Marco Reus ließ pünktlich zum offiziellen Trainingsbeginn der Borussia via „Sportbild“ verlauten, dass ein anderes Saisonziel als die deutsche Meisterschaft gar keinen Sinn ergebe. So ähnlich äußerte sich auch schon der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

Man ist sich einig beim BVB: Dort, wo man auch noch bis in weite Teile der vergangenen Saison hinein über Platz eins so gerne sprach wie über die letzte Wurzelbehandlung, gibt es von nun an keine zwei Meinungen mehr: Der Titel zählt. Sonst nichts.

Geballte Offensivpower

Borussia Dortmund also geht in eine noch nie da gewesene Offensive. Bei seinen Zielsetzungen. Und bei seinen Transfers, mit denen der BVB nach der verpassten Meisterschaft in der vergangenen Saison den Serienmeister FC Bayern München endlich vom Thron stoßen will.

Fast 130 Millionen Euro investierte Dortmund für den bisher ausgeliehenen Paco Alcacér (21 Millionen Euro), für Nico Schulz aus Hoffenheim (25), für Thorgan Hazard aus Mönchengladbach (25,5), für Julian Brandt aus Leverkusen (25) – und eben für den Rückkehrer Mats Hummels vom FC Bayern (Grundbetrag knapp 31 Millionen plus Boni). Klingende Namen sind das. Und verlockende Aussichten, vor allem in der Offensive.

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Mächtig Eindruck hat der BVB damit auch schon in München gemacht, denn wie sonst ist es zu erklären, dass Uli Hoeneß die Psychospielchen gegen den Konkurrenten kürzlich mit dem ersten Giftpfeil eröffnete: Nun ja, Borussia Dortmund habe jetzt viele Spieler verpflichtet, sagte der Präsident des FC Bayern, aber: „Ob sie sich verstärkt haben, das wird man sehen.“

Klar ersichtlich ist schon jetzt, dass der BVB eine Mannschaft aufbauen will, die auch international höchsten Ansprüchen genügen soll. Eingeschlagen hatten die Verantwortlichen um Watzke, Sportdirektor Michael Zorc und Matthias Sammer, der als externer Berater massiv für eine offensive Transferpolitik plädiert hatte, diesen Weg bereits im vergangenen Sommer. Durch die Verpflichtungen der erfahrenen Mittelfeldspieler Axel Witsel und Thomas Delaney wichen die Borussen schon damals von ihrer Denkweise ab, nur entwicklungsfähige Talente zu holen.

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Das ging nun in verschärfter Form so weiter vor der neuen Runde – die Dortmunder machen also das, was ihre Fans bislang dem FC Bayern vorgeworfen haben: Sie holen Spieler, die ihre Tauglichkeit längst nachgewiesen haben. Und schwächen damit auch einige Konkurrenten in der Bundesliga – so wie im Falle von Thorgan Hazard Borussia Mönchengladbach oder bei Julian Brandt Bayer Leverkusen. Fakt ist: Der BVB kann sich diese neue Philosophie leisten – denn in den sieben Transferperioden bis zum Sommer 2018 erwirtschafteten die Dortmunder mehr als 150 Millionen Euro Gewinn. Und in der aktuellen Periode gab es 64 Millionen Euro für Christian Pulisic, der zum FC Chelsea geht.

Hummels soll den BVB stabilisieren

Der BVB also startet den Großangriff, und die schmerzhafte Erfahrung der vergangenen Saison, als man neun Punkte Vorsprung auf den FC Bayern verspielte, treibt alle Borussen an. Und führte letztlich wohl auch zur Rückholaktion von Mats Hummels. Wenn Michael Zorc sagt, dass „Mats eine große Druckresistenz in schwierigen Momenten hat“, dann hat er die Probleme der vergangenen Rückrunde im Sinn. Nicht gefestigt genug war der BVB, die berühmte Siegermentalität fehlte in den entscheidenden Momenten. Es war keiner da, der die Dinge anpackte nach schwachen Partien, der die Anderen aufbaute, voranging, der Mut machte. Hummels, der Weltmeister, soll als nun als anerkannter Führungsspieler die im ersten Halbjahr 2019 so vermisste Stabilität reinbringen beim BVB. In der Defensive – aber eben auch im Kopf.

Ob Hummels und all die anderen Neuen nun auch wie erhofft einschlagen werden, wird sich zeigen. Ebenso wie die Auswirkungen der prominenten Neuzugänge auf das im Vorjahr meist so harmonische Mannschaftsgefüge. Der Konkurrenzdruck wird massiv sein, es wird zu Härtefällen kommen. Und wie die bisherigen Führungskräfte wie Kapitän Reus oder Torhüter Roman Bürki im Alltag auf das neue Alphatier Hummels neben sich reagieren werden – auch das ist eine spannende Frage bei der neuen Borussia.

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