Stuttgart 21 hat gezeigt, dass bei Großprojekten der Bürger mehr mit bestimmen will. Neue Wege der Kommunikation sind gefragt. Foto: Mierendorf

Mediation hilft Kommunen, den Konflikt mit Interessensgruppen zu entschärfen.

Stuttgart - Ob Stuttgart 21 oder ein anderes Großprojekt in Baden-Württemberg - der Bürger hinterfragt immer öfter viele Jahre zurückliegende Entscheidungen und bringt damit die Kommunen in die Bredouille, sich zwischen Verwaltungsakt und Bürgerwillen entscheiden zu müssen. Für die Kommunen im Land könnte die Mediation ein Weg sein, den Konflikt zu entschärfen und mit dem Bürger wieder ins Gespräch zu kommen.

Dabei geht es im Prinzip um ein außergerichtliches Konfliktmanagement, erklärt Winfried Schwatlo, Professor für Immobilienwirtschaft, Wirtschaftsethik und Mediation an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Wenn sich zum Beispiel eine Stadt und ihre Bürger über eine Infrastrukturmaßnahme nicht einig sind, könne die Kommune heute in vielen Fällen nicht mehr nur nach den Gesetzen und den Regeln des geltenden Baurechts agieren. Schwatlo ist einer von rund 50 Experten in Deutschland, die sich auf die Mediation bei Immobilienthemen spezialisiert haben.

Außergerichtliche Konfliktlösungen gibt es in der Immobilienbranche nicht erst seit den jüngsten Bürgerprotesten bei großen Infrastrukturmaßnahmen. „Auch wenn sich Mieter und Vermieter streiten, ist es oft besser, einen Moderator oder Mediator einzusetzen, als den Streit vor Gericht auszutragen”, so Winfried Schwatlo. Das liege daran, dass ein außergerichtliches Konfliktmanagement interessensgeprägt und an der Zukunft ausgerichtet, während ein Gerichtsverfahren immer rückwärts gerichtet sei. „Bei der Mediation wird immer versucht, die Beziehung der Kontrahenten zu retten und Lösungen zu finden, die besser sind als Gerichtsurteile”, sagt der Experte. Auch bei Problemen am Bau zwischen Handwerkern und Auftraggebern habe sich die Durchführung einer Mediation bewährt. Schwatlo setzt beim Konfliktmanagement auf moderierte und vor allem öffentliche Workshops, an denen alle relevanten Interessensvertreter teilnehmen. Ergänzt werden diese aber durch gezielte Einzelgespräche mit einer Partei, weil es Dinge gebe, die man nicht einfach öffentlich ausspreche.

Manche dieser öffentlich ausgetragenen Konflikte entstünden auch dadurch, weil das, „was man sagt, nicht das ist, was man meint. Und das, was man sagt, ist nicht immer das, was der andere auch versteht”. Die Mediation versuche zwischen den Positionen der jeweiligen Kontrahenten die tatsächlichen Interessen herauszuarbeiten.