Hitziges Rollenspiele: Jörg Pauly und Diana Gantner als heißblütiges Ehepaar Foto: Martin Sigmund

Nach 200 abgesagten Vorstellungen wird in der Komödie im Marquardt wieder gespielt. In Daniel Glattauers „Die Wunderübung“ geht es zum Paartherapeuten – und richtig zur Sache.

Stuttgart - Um es gleich vorneweg zu sagen: Er ist schuld. Wenn diese Ehe in die Brüche gehen sollte, so liegt es ausschließlich an Valentin. Gut, seine Frau hatte etwas mit diesem Guido, trotzdem ist sie überzeugt: „Du hast uns auseinander gelebt“. Nun soll es ein Paartherapeut richten – oder besser, er soll geduldig zuhören, wenn Valentin und Joana versuchen, sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben. Eines kann der Therapeut sofort feststellen: „Sie haben eine außergewöhnlich lebendige Streitkultur auf hohem Niveau.“ Anders gesagt: bei den beiden fliegen die Fetzen.

In der Komödie im Marquardt kann man nun zuschauen, wie sich dieser Paartherapeut redlich müht, die Zankhähne zu versöhnen. Nach 200 abgesagten Vorstellungen hat das Theater endlich wieder seine Türen geöffnet, wenn auch nur für einen Bruchteil der Zuschauer, die luftig im Saal verteilt werden, aber trotzdem ihren Spaß haben. Denn der Autor Daniel Glattauerführt in „Die Wunderübung“ Szenen einer Ehe vor, die vielen Paaren bekannt vorkommen könnten. Joana ist überzeugt, ihrem Gatten „jegliche Last des Alltags von den Schultern zu nehmen.“ Valentin sieht das nicht so, eigentlich sieht er überhaupt nicht, was das Problem sein soll. Deshalb will er auch keine psychologischen Übungen machen.

Das Paar führt seine Ehe nicht mit- sondern gegeneinander

Irgendwo in Stuttgarter Halbhöhenlage könnte dieses schicke Beratungszimmer liegen mit Buddhas im Regal und Klangschale am Boden. Für die Klienten stehen Sitzsäcke bereit, unbequem und ulkig zugleich, weil Joana und Valentin immer wieder umkippen bei ihrer Schlammschlacht. Die Diagnose des Therapeuten: „Sie führen ihre Ehe nicht mit-, sondern gegeneinander.“

So richtig ernst nimmt man Diana Gantner und Jörg Pauly als giftendem Ehepaar die Nöte nicht. Martin König gibt den Therapeuten auch eher distanziert und ein wenig gestelzt, insgesamt ist das Trio aber gut aufeinander eingespielt. Der Intendant Axel Preuß hat jede Geste, jeden Blick sorgfältig inszeniert und Details am Rande eingebaut, was manchmal aber dazu führt, dass die Figuren in diesem strengen Korsett etwas gebremst wirken, statt sich lustvoll dem Schlagabtausch hinzugeben.

Aber „Die Wunderübung“ ist ohnehin keine Komödie zum Schenkelklopfen. Die psychologischen Interventionen werden so ähnlich in mancher realen Therapie praktiziert werden. Mit Handpuppen sollen sich Joana und Valentin im Rollentausch versuchen – und sticheln doch munter weiter. Was ja vielleicht auch wie Kitt für die Beziehung sein kann – nach dem Motto: „Ohne Reibung entsteht auf Dauer keine Wärme.“