Viele Städte und das Land sind für die Blaue Plakette, der Bundesverkehrsminister ist dagegen. Foto: dpa

Wer bestellt, muss auch zahlen. Diese Devise sieht der Städtetag Baden-Württemberg bei den Vorhaben der Großen Koalition in Berlin nicht immer erfüllt.

Stuttgart - Als Vertreter des Städtetags Baden-Württemberg kürzlich Volker Kauder eine Blaue Plakette überreichten, war der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag alles andere als amüsiert. Im 177-seitigen Koalitionsvertrag von Union und SPD ist die Plakette kein einziges Mal erwähnt. Die neue Bundesregierung will die Kommunen zwar dabei unterstützen, „die Emissionsgrenzwerte im Rahmen ihrer Luftreinhaltepläne mit anderen Maßnahmen als mit pauschalen Fahrverboten einzuhalten“. Wie aber im Notfall Fahrverbote für Fahrzeuge kontrolliert werden sollen, die die Schadstoffgrenzwerte überschreiten, ist unklar.

„Wir wollen keine Fahrverbote“, betonte Gudrun Heute-Bluhm, Hauptgeschäftsführerin des Städtetags Baden-Württemberg, am Mittwoch in Stuttgart. Aber falls wegen überhöhter Luftbelastung befristete Verbote für einen Teil der Fahrzeuge notwendig würden, brauche es eine „effiziente Kontrollmöglichkeit, etwa die Blaue Plakette“. Die Landesregierung müsse sich deshalb im Bundestag weiter dafür stark machen, sagte Heute-Bluhm.

Zwei Milliarden Euro für Ganztagsschule

Auch bei anderen Vorhaben der Bundesregierung erwarten die Kommunen die Rückendeckung des Landes. Dass der Bund bis 2025 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler einführen will, sei zwar sinnvoll, nicht aber, dass dabei vor allem die Kommunen in die Pflicht genommen werden sollten, sagte Heute-Bluhm. Hier seien die Länder in der Pflicht. Die meisten Städte hielten „aus pädagogischen Gründen den rhythmisierten Unterricht in der Ganztagsschule für den richtigen Weg, nicht die Halbtagsschule durch die kommunalen Schulträger“. Die zwei Milliarden Euro, die der Bund für Investitionen in Ganztagsschul- und Betreuungsangebote bereitstellen will, reichten bei weitem nicht aus. Nötig seien mindestens fünf Milliarden Euro.

Auch Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ist skeptisch. Unklar sei, wie der Rechtsanspruch und die Finanzierung konkret umgesetzt werden sollten. Je nach Verteilungsschlüssel erhielte Baden-Württemberg zwischen 259 und 273 Millionen Euro, erklärte die ehemalige Stuttgarter Schulbürgermeisterin. Schon jetzt aber investiere das Land für die bisherigen Ganztagsangebote an Grundschulen und den Ausbau knapp 200 Millionen Euro. Dazu kommen noch die Kosten der Kommunen etwa für Gebäude und Betreuungsangebote.

Streitpunkt Flüchtlingskosten

Zudem fordert der Städtetag, dass den Kommunen die Ausgaben für Flüchtlinge erstattet werden. Der Bund stellt für die Entlastung von Ländern und Kommunen bis 2021 weitere acht Milliarden Euro zur Verfügung. „Wir erwarten eine auskömmliche Finanzierung aller Bereiche der Flüchtlingsunterbringung“, verlangte Heute-Bluhm. Zum einen müssten die Pauschalen für die Anschlussunterbringung und die Integrationslotsen beibehalten werden – das Land zahlt den Kommunen dafür 2017 und 2018 insgesamt 320 Millionen Euro. Außerdem müssten die Ausgaben für nicht abgeschobene Geflüchtete ohne dauerhafte Bleibeperspektive aus Bundesmitteln bezahlt werden. In Baden-Württemberg tragen derzeit die Kommunen die Kosten dafür.

Der Städtetag appellierte auch an das Land, noch mehr für den Wohnungsbau zu tun. Die zusätzlichen Bundesmittel dürften nicht dazu verleiten, die eigenen Anstrengungen zu vermindern. Die bisher vorgesehenen 250 Millionen Euro in diesem und im kommenden Jahr müssten weiter aufgestockt werden. Auch müssten weitere Bauflächen gewonnen werden.