Die CDU war bei der Kommunalwahl im Sinkflug. Das zeigen die Ergebnisse aus den Stadtbezirken. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski Foto:  

Ein Blick auf die Ergebnisse der Kommunalwahl in den 23 Stuttgarter Stadtbezirken zeigt: Die CDU hat ihre einstigen Bastionen an die Grünen verloren, die SPD ist nicht einmal mehr im Osten eine Macht und die kleinen Parteien greifen fast überall Stimmen ab.

Stuttgart - Dass die Stuttgarter CDU bei der Kommunalwahl stadtweit auf unter 20 Prozent abgestürzt ist, ist für die Partei eine Zäsur. Zu denken geben muss es den christdemokratischen Funktionären vor allem, dass sie in ihren einstigen Hochburgen wie Möhringen, Degerloch, Sillenbuch oder den Neckarvororten mittlerweile von den Grünen von der Spitzenposition verdrängt worden ist. Gerade mal in vier von 23 Stadtbezirken liegt die CDU noch vorn: In Mühlhausen erhielt sie 23,4 Prozent (Grüne: 18 Prozent), in Münster 22,8 (Grüne: 18,4), in Stammheim 23,4 (Grüne: 19,2) und in Untertürkheim 23,9 Prozent (Grüne: 20,4 Prozent).

In Sillenbuch und Möhringen hatte die Partei vor fünf Jahren noch jeweils über 33 Prozent der Stimmen geholt und lag damit klar vor den Grünen. Diesmal hat sich das Verhältnis umgekehrt: Die Ökopartei fuhr in Möhringen 26,1 Prozent der Wählerstimmen ein, die CDU nur noch 22,9 Prozent. In Sillenbuch langte es für die CDU gerade mal noch für 24,9 Prozent, für die Grünen votierten 26,2 Prozent der Wähler. Auch die Innenstadtbezirke Nord und Ost, 2015 noch von der CDU erobert, gingen diesmal an die Grünen. Im Stuttgarter Westen, einer traditionellen Grünen-Bastion, lag die CDU mit 15,5 Prozent gar um mehr als die Hälfte hinter ihrem politischen Hauptkonkurrenten (32,9 Prozent).

Der einstmals rote Stuttgarter Osten ist ergrünt

Schwer erwischt hat es auch die Stuttgarter Sozialdemokraten. Im Stuttgarter Osten – politische Heimat und Wohnort ihres Spitzenkandidaten Martin Körner – kamen die Genossen auf 12,5 Prozent, ein Minus von 3,2 Prozent gegenüber der letzten Kommunalwahl. Auch im einstmals roten Osten eroberten die Grünen mit 26,9 Prozent die Spitzenposition, und selbst die CDU lag mit 16,7 Prozent noch vor der SPD. Auch im Stadtbezirk Nord verlor die SPD gegenüber 2015 nochmals einen knappen Prozentpunkt und liegt jetzt bei 10,5 Prozent. Für die einstige Volkspartei SPD muss es besonders bitter sein, dass ausgerechnet die FDP im Norden exakt das gleiche Ergebnis verbuchen konnte. Ein schwacher Trost für die gebeutelten Genossen: In allen Stadtbezirken blieben die Wahlergebnisse der Genossen wenigstens zweistellig.

Die hohe Wahlbeteiligung lässt vermuten, dass diesmal mehr Jung- und Erstwähler an die Urnen gegangen sind. Neben den Grünen gibt es vor allem zwei Profiteure dieser Entwicklung: Die Stadtisten, vor fünf Jahren erstmals als lokal im Stuttgarter Süden verankerte Wählergemeinschaft angetreten – und die Partei „Die Partei“, die insbesondere durch die satirischen Auftritte und Reden ihres Europaabgeordneten und Parteichefs Martin Sonneborn im Straßburger EU-Parlament Aufmerksamkeit erlangte.

Die Stadtisten ziehen erstmals mit zwei Vertretern ins Stadtparlament ein und haben im Stuttgarter Süden erwartungsgemäß mit 6,6 Prozent ihr stärkstes Ergebnis erzielt. Aber auch im Westen (4,9) und im Osten (3,1) schnitt die Wählergemeinschaft besser ab als noch 2015. An der kommunalpolitischen Arbeit ihres Ex-Stadtrats Ralph Schertlen kann dies kaum gelegen haben: Er fiel durch äußerst variables Abstimmungsverhalten auf und hatte sich noch vor der Kommunalwahl nach internen Auseinandersetzungen von den Stadtisten getrennt.

Wähler schätzen offenbar mehr Humor im politischen Alltagsgeschäft

Die Partei wiederum schickt mit Ina Schumann erstmals eine Stadträtin ins Rathaus. Mit Ergebnissen von durchweg über einem Prozent in den Innenstadtbezirken (in Ost und Süd jeweils 1,7 Prozent) erkämpfte sich die als Spaßpartei apostrophierte Gruppierung das Mandat. Und selbst in Degerloch fand ein Prozent der Wählerschaft, mehr Humor in der Kommunalpolitik sei gut fürs politische Geschäft. Die Freien Wähler dürfen sich übrigens ebenfalls freuen: In Hedelfingen hatten nicht etwa CDU oder Grüne die Nase vorn, sondern die Mannen um Fraktionschef Jürgen Zeeb mit 22,4 Prozent.

Pulverisiert wurde das Bündnis BZS 23 um die Ex-AfD-Stadträte Bernd Klingler und Heinrich Fiechtner. Sogar das prognostizierte Heimspiel des Weilimdorfer Werbefachmanns Klingler reichte nicht einmal mehr für einen Sitz: In Weilimdorf kam das Bündnis zwar auf 0,9 Prozent, doch ansonsten gab’s wenig zu holen. Bleibt noch Joannis Sakkaros von der Liste „Kein Fahrverbot“: Er erzielte etwa in Bad Cannstatt, Botnang, Degerloch und Sillenbuch durchweg Ergebnisse von zwischen einem und zwei Prozent. Seine Wähler sitzen aber vor allem in Mühlhausen (2,3) und Münster (3,3).