Anja Schäberle tritt auf einer Liste nur mit Frauen an. Foto: privat

Im kleinen Ort Oberriexingen im Kreis Ludwigsburg haben es Frauen schwer, in den Gemeinderat zu kommen. Deswegen haben sie eine eigene Frauenliste gegründet. Wir haben mit der Initiatorin gesprochen.

Oberriexingen - Unser Text „Politische Alphaweibchen gesucht“ hat viele Reaktionen hervorgerufen – auch in Oberriexingen. Dort kandidiert bei der Kommunalwahl eine Liste, die nur aus Frauen besteht. Im Interview erklärt die Steuerberaterin und Spitzenkandidatin Anja Schäberle, was ihre Ziel sind.

Frau Schäberle, warum braucht ein kleiner Ort wie Oberriexingen eine Frauenliste?

Das hat sich seit der Gründung 1999 nicht geändert: Wenn 50 Prozent der Bevölkerung weiblich sind, sollten auch politische Gremien zur Hälfte mit Frauen besetzt sein. Frauen haben einen anderen Blick auf den Alltag, gehen Themen und Probleme anders an. Außerdem herrscht ein anderes Klima, wenn der Frauenanteil hoch ist. Männer halten sich dann mehr zurück.

War es schwer, die zwölf Plätze auf Ihrer Liste gefüllt zu bekommen?

Ja. Man muss Frauen direkt ansprechen und ihnen die Angst vor der kommunalpolitischen Arbeit nehmen. Jeder, der ein bisschen Menschenverstand hat, kann das leisten. Wir brauchen Frauen, die im Ort ihre Frau stehen. Gerade in der älteren Generation gibt es noch dieses Schubladendenken: Politik ist etwas für Männer, die Frau bleibt zu Hause. Das wollen wir ändern.

Werden Sie oft kritisiert oder angefeindet?

Nein, das nicht. Die Männer haben schon den Anstand, gut mit uns umzugehen. Aber wir müssen uns öfter Witze oder negative Kommentare anhören, die sich ein Mann nicht anhören müsste, Stammtischparolen, solche Sachen. Aber das ist nicht bösartig, das sind eher Frotzeleien. Und es gibt auch viele Frauen, die überhaupt nicht verstehen, warum wir das machen.

Warum?

Das ist schwer zu sagen. Es ist auch nicht so, dass Frauen eher Frauen wählen, im Gegenteil. Wir haben uns oft nach den Gründen gefragt, aber keine richtige Antwort darauf gefunden. Ich kann mir auch das nur mit einem gewissen Schubladendenken erklären, das in manchen Köpfen noch vorherrscht.

Ist es schwierig, eine Liste zusammenzuhalten, die nur gemeinsame Sache macht, weil alle dasselbe Geschlecht haben?

Wir sind kein politischer Zusammenschluss. Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass der Frauenanteil nicht hoch genug ist. Ansonsten kann jede bei uns ihre eigene Meinung vertreten. Das ist aber nichts Ungewöhnliches, denn in kleinen Orten treten oft keine Parteien an, sondern Listen, die auf losen Zusammenschlüssen basieren.

Was ist Ihr Ziel für die Wahl?

2014 sind wir mit vier Frauen in den Gemeinderat eingezogen. Aber unsere beiden Stimmenköniginnen treten diesmal nicht wieder an. Wenn wir trotzdem wieder vier Sitze schaffen, wäre das traumhaft. Sollte über die anderen Wahllisten eine Frau den Sprung schaffen, würde ich mich aber genauso freuen.